Eine einzigartige Nacht. Eine Liedergeschichte zum Abendlied “Der Mond ist aufgegangen”

In dieser Geschichte zum Vorlesen und Mitsingen geht es um eine einmalige Nacht, die sich unverhofft aus einer sprichwörtlich ausweglosen Situation entwickelt… lesen Sie selbst!
Lesen Sie den Senioren die Geschichte in gemütlicher Atmosphäre vor und singen Sie an den entsprechenden Stellen die angegebene Strophe des Abendliedes “Der Mond ist aufgegangen”.
Eine einzigartige Nacht
„Oh nein!“ Carola nahm den Fuß vom Gaspedal und ließ das Auto ausrollen. Das konnte man sich auch wirklich nicht schönreden. Vor ihr blinkten Bremslichter in Hülle und Fülle auf. Der nächste Stau lag vor ihnen. Es war aber auch wirklich der Wurm drin. Carola schaute nach rechts zu ihrer Freundin, die durch ihr „Oh nein!“ wach geworden war. Die beiden waren auf dem Rückweg aus dem Urlaub. Gefühlt dauerte die Rückfahrt schon länger als die eine Woche Tapetenwechsel. Julia setzte sich gerade in den Sitz, um wach zu werden. Sie war die erste Tageshälfte gefahren und hatte ein wenig geschlafen. Carola guckte sie mitleidig an. „Es tut mir leid, ich hätte mich leiser ärgern sollen, versuch wieder einzuschlafen.“
Julia lächelte. „Nein, ist schon gut. Viel länger hätte ich sowieso nicht schlafen können. Weißt du, was da los ist?“
Carola runzelte die Stirn. „Nein, in den Nachrichten kam nichts. Ich weiß aber auch nicht, ob sie Stau auf den Bundesstraßen melden. Und dann auch noch von denen in der Pampa…“
Es war schon dunkel geworden. Am Himmel stand ein wunderschöner Mond, der die Wälder rechts und links der Straße in einen wunderschönen Lichtschein hüllte.
Der Mond ist aufgegangen,
die gold‘nen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.
Es war ein lauer Abend. Eine leichte Jacke genügte den beiden, damit sie nicht froren. Carola wechselte regelmäßig die Radiosender. Sie fand aber keinen Hinweis über die Staulänge oder den Grund für die Autoschlange. Die ersten Mitfahrenden aus den anderen Autos stiegen aus. Julia sah Carola an „Wollen wir uns auch mal an die frische Luft begeben und ein bisschen die Füße vertreten?“
„Ja, sehr gerne. Bis sich hier wieder etwas bewegt wird es wahrscheinlich noch dauern.“
Die beiden stiegen aus und gingen ein Stück. Immer mehr Leute stiegen aus ihren Autos aus. Die einen liefen in Richtung Stauanfang, die anderen gingen eine Runde am Waldrand spazieren. Es war eine angenehme Ruhe unter den Autofahrern zu spüren. Wahrlich wollten alle nach Hause. Aber irgendwie hatte dieser Aufenthalt im Mondlicht etwas zauberhaftes, beruhigendes, was jeder einzelne für sich zu schätzen wusste. Wahrscheinlich war vielen auch tief in ihrem Inneren klar, dass es so bald keine Weiterfahrt geben sollte.
Und irgendwann wurde daraus auch Gewissheit. Von ganz vorne drang die Nachricht durch, dass ein umgestürzter Baum die Straße blockierte. Allerdings schon in einigen Kilometern Entfernung. Da dies aber die einzige Strecke in diese Richtung und die Autobahn in der Nähe gesperrt war, gab es keine andere Möglichkeit als zu warten. Müdes Lächeln machte sich unter den Autofahrern breit.
Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.
Sie bestaunten den Mond und das wunderbare Licht, das er dieser einzigartigen Nacht schenkte. Carola und Julia kamen mit den anderen Menschen ins Gespräch. Einige kamen auch aus dem Urlaub wieder. Andere hatten Verwandte über das Wochenende besucht. Wieder andere waren bei Freunden zum Kaffeetrinken gewesen. Ein Mann wollte eigentlich nur Zigaretten holen. So waren sie dort aus ganz vielen unterschiedlichen Gründen versammelt. Und im Warten im Mondschein irgendwie vereint.
„Ich hab Hunger“ Julia guckte Carola mit einem bemitleidenswerten Blick an. Carola grinste. „Gott sei Dank! Ich dachte, ich wäre die einzige hier, der schon wieder der Magen knurrte. „Komm, wir gucken mal, was wir noch so haben.“
Carola und Julia legten eine Decke an den Straßenrand und packten ein paar Leckereien aus. Einerseits Sachen, die sie für den Weg eingekauft hatten, andererseits etwas von den Mitbringseln für ihre Familien. Sie überlegten kurz, waren sich dann aber sicher, dass dies ein Notfall war. Sie würden für einen angemessenen Ersatz sorgen. Die anderen Mitwartenden fanden die Idee großartig. Und so entstand, nach und nach, ein großes Picknick, für das alle etwas mitbrachten. Decken, Knabbereien, Obst und Gemüse, Süßes und Getränke. Es reichte für alle. Und da in dieser Nacht niemand mehr Autofahren würde, gab es für jeden ein kleines Schlückchen Wein.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.
Trotz der Umstände war eine wunderbare Atmosphäre zu spüren. Alle Wartenden trugen ihren Teil dazu bei, dass es für alle ein schöner Abend wurde. Es wurden neue Bekanntschaften geschlossen, Erlebnisse ausgetauscht und Gemeinsamkeiten unter vorher Fremden erkannt. Erst spät in der Nacht gingen alle wieder in ihre eigenen Autos zurück, um ein wenig zu schlafen.
Carola und Julia ließen die Autotüren auf und schauten in den Himmel. Der Mond war wunderschön und die Sterne funkelten hundertfach von einem klaren Himmel herunter. Eine einmalige Stille umgab sie. Und obwohl alle mittlerweile in ihren eigenen Autos waren, fühlten sie sich auf eine besondere Weise verbunden.
Die beiden waren sich einig: sie hatten einen wunderschönen Urlaub erlebt. Trotz, oder gerade wegen, dieser unvorhersehbaren Rückfahrt.
So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon’ uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen
Und unsern kranken Nachbar auch.
Am Morgen wurden alle durch Motorengeräusche in der Ferne geweckt. Die Sonne ging auf und der Mond verabschiedete sich bis zum Abend in den Morgenhimmel. Dann ging es plötzlich ganz schnell. Die Straße war wieder frei. Alle konnten ihres Weges weiterfahren. Mit unersetzbaren Erinnerungen im Herzen.
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