Himmelblau und Enzian. Eine Wahrnehmungsgeschichte für die Augen

In dieser Vorlesegeschichte, die die visuelle Wahrnehmung der Zuhörenden anregen soll, geht es um die Farbe blau. Bringen Sie, wenn möglich, blaue Tücher, Servietten, Stoffe etc. mit in das Aktivierungsangebot. Passende Sinnesspiele finden Sie unter dem Stichwort Wahrnehmungsspiele.



Himmelblau und Enzian. Eine Wahrnehmungsgeschichte für die Augen

Blauer Himmel!“ Judith legt ihren Kopf in den Nacken und sieht nach oben: „Was haben wir ein Glück mit dem Wetter!“ fährt sie freudestrahlend fort. Josefa lächelt und nickt: „Ja, das stimmt. Es ist lange her, dass wir einen so strahlend blauen Himmel auf unseren Wanderungen hatten. Die beiden Schwestern sind zum Wandern in die Berge gefahren. Gestern Abend sind sie auf ihrer Berghütte angekommen, von wo aus sie heute ihre erste Wanderung unternehmen werden. Die Dämmerung hatte schon eingesetzt als sie ankamen. Die Berge lagen wie gemalt und in dunklen Blautönen vor ihnen. Stille herrschte. Am dunkelblauen Abendhimmel leuchteten schon ein paar Sterne auf, die bei den beiden die Vorfreude auf eine wunderschöne, tiefblaue und sternenklare Nacht weckten.

Sie waren von der Anreise in ihrem hellblauen Auto allerdings so müde gewesen, dass sie kurz nach ihrer Ankunft in ihre Betten fielen, und erst heute Morgen mit dem Klingeln ihres Weckers wieder aufwachten. Judith staunte nicht schlecht als sie in dem Bett mit der blau-weiß karierten Bettwäsche die Augen aufschlug. Sie war nicht einmal in der Nacht wachgeworden, so tief hatte sie geschlafen. Auch Josefa hatte tief und fest geschlafen.

Die beiden stehen nun vor der Hütte, haben ihre dunkelblauen Jacken angezogen und packen gerade noch ihre Rucksäcke. Am Frühstückstisch haben sie sich bei Kaffee, selbstgebackenem Brot und Laugenbrezeln noch mit der Wirtin über das Wetter unterhalten. Sie war ganz zuversichtlich, dass es die nächsten Tage trocken und sonnig bleiben soll. Während Josefa ihre Thermoskanne im Rucksack verstaut, schwärmt sie noch von dem Frühstücksgeschirr mit dem indisch-blauen Strohblumenmuster, so eins hat ihre Oma auch früher gehabt.

Dann ziehen die beiden frohen Mutes los. Judith trägt wie immer die Wanderkarte. In der Ferne liegen viele Berge, die unter dem hellblauen Himmel in den schönsten Blautönen erscheinen – alle in einem etwas andere blau, je nachdem, wie gerade das Sonnenlicht fällt und die kleinen Schäfchenwolken ihre Schatten werfen. Schon nach kurzer Zeit gelangen sie in eine wunderschöne Berglandschaft in der die Natur noch unberührt ist. Judith und Josefa kommen in den Genuss, auf viele Alpenblumen zu treffen. Jetzt im Spätsommer blühen sie besonders schön. Das hellblaue Vergissmeinnicht gefällt Josefa sehr. Judith kann sich eher für die mittelblaue Kreuzblume begeistern. Als die jedoch auf ein Prachtexemplar eines Enzians in einem tiefen Blau treffen, sind die Schwestern sich einig, dass dieser an Schönheit nur schwer zu übertreffen ist.

Die beiden machen ihre Mittagspause an einem klaren Bergsee, der in einem angenehmen, warmen Blauton in der Sonne glitzert. Das Ufer ist flach, so können sie ihre Füße ein wenig in dem klaren Wasser kühlen. Sie machen eine etwas längere Rast und genießen stillschweigend die tolle Aussicht.

Auf ihrem Weg heute begegnen sie außerdem noch einer Glockenblume, deren Blüten sich dunkelblau mit einem Hauch violett der Sonne öffnen. Judith und Josefa sind so fasziniert von der wunderschönen Pflanzenwelt, dass ihnen ihre Bergwanderung heute nur halb so anstrengend wie sonst vorkommt. Auf dem letzten Stück ihres Rundwegs entdecken sie noch einen wirklich atemberaubenden Eisenhut mit dunkelblauen Blüten. Sofort zieht er die beiden in ihren Bann. “Welch ein Traum…“ flüstert Josefa. Judith stimmt ihr nickend zu.



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Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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