Das umgeplante Wochenende. Eine kostenlose Liedergeschichte zu “Es klappert die Mühle am rauschenden Bach”
In dieser Liedergeschichte zum Vorlesen und Mitsingen für Senioren zu dem beliebten Volkslied “Es klappert die Mühle am rauschenden Bach” geht es um ein widererwartend umgeplantes Wochenende.
Lesen Sie die Liedergeschichte vor und singen Sie an den entsprechenden Stellen die angegebene Strophe des Volksliedes “Es klappert die Mühle am rauschenden Bach”.
Das umgeplante Wochenende
“Wann kommen sie denn endlich?”, nervös tippelte Anna vor dem Küchenfenster hin und her und machte die Gardine regelmäßig auf und wieder zu. Es war Freitagmittag. Anna und Felix freuten sich so sehr auf das Wochenende mit ihren Enkelkindern, dass sie schon seit drei Tagen von nichts anderem mehr sprachen. Felix hatte es über den Vormittag geschafft, sich abzulenken. Er hatte den Rasen gemäht, Unkraut gejätet, die Bohrmaschine repariert und die Fugen zwischen den Pflastersteinen vor dem Haus neu verfugt. Anna hatte die Betten frisch bezogen, ein Brot für den kommenden Abend gebacken und das Gartenhaus aufgeräumt. Sie war allerdings schon so früh auf gewesen, dass sie um acht in der Frühe mit allem fertig gewesen war. Felix hatte glücklicherweise geschlafen und war um acht – noch ein wenig verschlafen – auf einen ersten Kaffee am Küchentisch dazugestoßen. Das Frühstück ging recht schnell. Anna hielt es nicht lange aus, zu sitzen. Sie musste etwas tun, um die Nervosität einigermaßen in Schach zu halten.
Nun stand sie da. Es war alles vorbereitet, aufgeräumt und auch das Mittagessen stand fertig auf dem Herd – den Kindern sollte es schließlich an nichts fehlen. Felix werkelte noch ein wenig im Garten herum. Er beschäftigte sich und schien die Zeit besser füllen zu können als seine Frau.
Dann – endlich – hörte sie einen Wagen aus der Ferne näher kommen. Sie schob die Gardine zur Seite. Ein erleichtertes Aufatmen war zu hören. Nun waren sie endlich da. Anna stürmte nach draußen…
Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp klapp.
Bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets wach, klipp klapp.
Er mahlet uns Korn zu dem kräftigen Brot,
und haben wir solches, so hat’s keine Not.
Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp!
Als sie am Auto ankam, war Felix schon dabei, den ersten Koffer aus dem Wagen zu holen. Sie stürmte zu den beiden Enkelkindern und umarmte sie herzlich. Erst nach einer ausgiebigen Begrüßung hatte sie Zeit, ihren Sohn zu begrüßen. Der nahm das Ganze gelassen und schmunzelte, als er ihr einen Kuss auf die Wange gab. Anna staunte, was die beiden alles mitgebracht hatten. “Das hört ja gar nicht mehr auf!”, lachte sie, während sie eine Tasche nach der anderen ins Haus trug “Was habt ihr denn alles dabei?” Die Jungs waren fast genauso aufgeregt wie ihre Oma.
“Oma schau mal, wir haben unser Zelt mitgebracht. Es ist ganz neu und wir müssen es unbedingt an diesem Wochenende ausprobieren. Papa hat gesagt, dass es morgen und übermorgen keinen Tropfen regnen soll.” Anna brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, dass die Jungs es tatsächlich ernst meinten und die Nacht im Garten unter freiem Himmel verbringen wollten. Ihren Vorschlag, dass die beiden nachmittags im Zelt ihren Kuchen hätten essen können und die Nacht aber im Haus schlafen würden, nahm niemand so richtig ernst. Im Gegenteil. Felix, der früher selbst gerne gezeltet hatte, fand die Idee seiner beiden Enkel fabelhaft und mietete sich gleich für die Nacht mit ein. Anna konnte gar nicht so schnell gucken, wie die drei das Zelt aufgebaut und ihre Sachen dort verstaut hatten.
Sie schaute vom Garten aus zu dem Fenster, das zum Gästezimmer gehörte und seufzte leise. Sie hatte extra die weiche Fußball-Bettwäsche aufgezogen, die die beiden so mochten. Und nun wollten sie in einem Schlafsack auf dem Rasen schlafen? Ungläubig sah sie zum Zelt, in dem die beiden ihre Matratzen probelagen. Von der anderen Seite kam Felix mit seinem Schlafsack aus Jugendtagen. Jetzt musste Anna lachen. Das Ding hatte sie ja schon ewig nicht mehr gesehen. Felix ignorierte die Anspielung seiner Frau und ging erhobenen Hauptes – aber lächelnd – an ihr vorbei und verschwand im Zelt. Anna wusste nicht, wie ihr geschah. Da hatte sie so viel vorbereitet und gemütlich gemacht und nun schliefen die drei Herren der Schöpfung in einem Zelt mitten in ihrem Garten?! Eigentlich war ihr zum Heulen zu Mute. Doch gleichzeitig spürte sie, wie stolz sie auf sie war und wie sehr sie sich mit ihnen auf ihr Abenteuer mitfreute. Sie ging eine Runde durch den Garten und sortierte ihre Gedanken. Vor allem die Gefühle, die sich in einem Wechselbad in ihr auftaten. Was waren die Jungs auf einmal groß geworden. Sie sah wehmütig auf den Apfelbaum, der neben dem Gartenhäuschen stand. “Du bist auch schon ganz schön gewachsen”, murmelte sie erneut leicht seufzend.
Sie blieb noch einen Augenblick stehen. Dann ging sie ins Haus und kam nach einer Viertelstunde mit einem Tablett mit selbst gebackenem Apfelkuchen, einer Schale Schlagsahne und vier Tassen Kakao wieder heraus und klopfte an die Zeltwand. “Hat hier jemand Appetit auf Apfelkuchen mit Schlagsahne?” Anna konnte gar nicht so schnell gucken, wie der Reißverschluss vom Zelt sich öffnete. Sie lächelte und krabbelte mit dem Tablett gekonnt hinein.
Flink laufen die Räder und drehen den Stein, klipp klapp,
und mahlen den Weizen zu Mehl uns so fein, klipp klapp.
Der Bäcker dann Zwieback und Kuchen draus bäckt,
der immer den Kindern besonders gut schmeckt.
Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp!
Sie setzte sich zu den drei Männern auf den Boden und sah sich um. “Gemütlich habt ihr’s hier”, sagte sie bewundernd und meinte das auch genau so. Sie verteilte Teller, Kuchen, Schlagsahne, Gabeln und Tassen an alle und stellte ein Glas mit einer Rosenblüte in die Mitte. Felix lächelte sie an. Er liebte ihre Wärme und das Gefühl der Geborgenheit in ihrer Nähe. Anna schaffte es immer, dass sich die Menschen in ihrer Nähe wohlfühlten, egal wo sie waren – sogar in einem Zelt. Die Jungs ließen sich den Kuchen und den Kakao schmecken. Es war ihr Lieblingskuchen, den nur ihre Oma so einmalig backen konnte.
Wenn reichliche Körner das Ackerfeld trägt, klipp klapp,
die Mühle dann flink ihre Räder bewegt, klipp klapp.
Und schenkt uns der Himmel nur immerdar Brot,
so sind wir geborgen und leiden nicht Not.
Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp!
So verbrachten die vier ein außergewöhnliches und anderes Wochenende als Anna geplant hatte, aber eines der schönsten, die sie je zusammen erlebt hatten. Das Wetter hielt sich tatsächlich, die Männer verbrachten die Nächte im Zelt und Anna versorgte sie mit allem, was sie brauchten. Sie genoss es, sie zu umsorgen, auch wenn es an diesem Wochenende ein anderes Sorgen als sonst war. Und wenn sie ganz ehrlich war, hatte sie sogar Gefallen an den Abenden allein im Haus gefunden. Felix und sein Rücken hingegen waren froh, wieder im eigenen Bett auf einer richtigen Matratze schlafen zu können. Das ließen sie sich aber nicht anmerken…