Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 14. Dezember – Köstliche Schokolade

Am nächsten Morgen ist der Boden im Engeldorf immer noch mit Schnee bedeckt. Der Weihnachtsbaum ist leicht gepudert und auch auf dem Rand des Brunnens liegt eine dünne Schicht Schnee. Auf dem Boden sind keine Fußspuren zu erkennen. Die Engel sind noch in ihren Häusern. Man spürt ein langsames und leises Erwachen …
Das weiß gepuderte Dorf liegt friedlich in der Morgenluft. Es duftet nach Schnee.

Emil und Egon sind die Ersten, die nach dem Frühstück hinaus in die Schneelandschaft ziehen. Es ist viel heller als in den letzten Tagen. Die beiden finden die Geräusche, die ihre Füße im Schnee machen, wunderbar. Mit ihren Fußspitzen ziehen sie Linien in die dünne weiße Decke, um einige später dann wieder zu verwischen … Ganz vertieft huschen sie über den Platz. Dabei bemerken sie gar nicht, dass Erich aus der Bäckerei gelaufen kommt. Er sieht angespannt aus.
Emil bemerkt ihn erst, als er schon fast in seiner Haustür steht. „Guten Morgen Erich, hast du schon Feierabend?“, begrüßt er ihn freudig. Erich dreht sich zu den beiden um. „Ach guten Morgen ihr beiden, ich habe euch gar nicht bemerkt …“, murmelt er ein wenig verlegen und schließt seine Haustür auf. Als er schon hineingehen möchte, fragt Emil verwundert: „Ist alles in Ordnung bei dir, Erich?“
Erich stutzt: „Mmh, ja. Ich bin nur etwas in Eile.“ Emil zieht seine linke Augenbraue hoch. Er macht sich Sorgen. Irgendwas erscheint ihm komisch. „Können wir dir helfen?“
Erich seufzt. „Ich fürchte nicht. Emily ist krank. Sie hat sich gestern im Schnee wohl erkältet. Und eigentlich wollte ich heute die Schokoladenfiguren mit ihr gießen. Alleine schaff ich das nicht. Da werde ich nie fertig …“ Erneut kommt dieses tiefe Seufzen. „Und sie müssen doch vor Weihnachten fertig sein …“



Emil atmet einmal tief aus. Erich tut ihm leid. Er sieht so müde und verzweifelt aus. Das kommt ihm eine Idee: „Würde es dir helfen, wenn wir dich dabei unterstützen?“ In seinem Augenwinkel sieht er, wie Egon zusammenzuckt. „Wir?!“, fährt es aus ihm heraus. „Ich bin doch total ungeschickt, was das Backen angeht!“
„Du musst ja auch nicht backen. Wir gießen Schokoladenfiguren …“, Emil scheint sich schon über die Aufgabe zu freuen. Er hört, wie Erich sich schon zum dritten Mal angestrengt räuspert. Bevor die beiden ihm noch Einwände entgegenbringen können, geht er schon in Richtung Bäckerei. Nach kurzem Zögern folgen die beiden ihm.
Erich nickt auf dem Weg plötzlich. „Eigentlich gar keine schlechte Idee …“, murmelt er.

Egon sieht ihn immer noch skeptisch von der Seite an: „Ich kann die wohl essen. Auch zwei oder drei hintereinander. Das wäre kein Problem, glaub mir!“ Erich schmunzelt.
„Aber selber machen? Ich stell mich in der Küche wirklich ungeschickt an!“ Eine leichte Traurigkeit verliert sich in seiner Stimme.
Da legt Erich seinen Arm um Egons Schulter. „Nein, warte mal ab. So schwierig ist das gar nicht. Ich zeige euch ja, wie es geht …“ Und auf einmal ist auch er überzeugt, dass Emils Idee eine gute Idee sein könnte. Sie gehen in die Bäckerei und hinten in die Backstube durch. Emil ist schon drin und bestaunt den riesigen Bottich mit flüssiger Schokolade. Ein großer Quirl bewegt sie gleichmäßig hin und her. Auch Egon bekommt den Mund vor Staunen nicht mehr zu. Auf dem großen Tisch in der Mitte liegen unzählige Formen, die alle mit Schokolade gefüllt werden möchten.

Erich lächelt. Es macht ihn ein bisschen stolz, dass die beiden sein Handwerk spannend finden. Für ihn ist das alltäglich. Und er macht es so gerne. Trotzdem tut es gut, diese kleine Bewunderung spüren zu dürfen.
In aller Ruhe erklärt er den beiden, wie sie die Formen vorwärmen, die Schokolade hineinfüllen, wie die Formen bewegt werden müssen, damit die flüssige Schokolade auch in alle Ecken fließt und wie die überschüssige Schokolade gut wieder ablaufen kann. Danach müssen die gefüllten Formen nur noch gekühlt werden und fertig sind die Weihnachtsmänner, Glocken, Schokoladenengel, Zapfen und Kugeln.
Emil und Egon sind ganz in ihrem Element. Sie bemerken gar nicht, wie sie über und über mit Schokolade bekleckert sind. Wie die Zeit vergeht und wie geschickt sie sich zudem anstellen. Erich sieht, wie viel Freude es ihnen macht. Und das wiederum freut ihn sehr. Und beruhigt zutiefst. So sehr, dass er auf dem Stuhl neben den beiden einschläft.
Voller Vertrauen, dass die beiden ihre Aufgabe gut und gewissenhaft machen werden, hat ihn die Müdigkeit der letzten Nacht übermannt. Er schläft tief und fest. Und lässt sich auch nicht stören, als die beiden ihn auf das Sofa vorne in der Bäckerei legen.

Emil und Egon gehen indes weiter beim Gießen der Schokoladenfiguren auf. Mit hochroten Wangen gießen, klopfen und drehen sie, bis auch der letzte Tropfen Schokolade zu einer Figur geworden ist.
Es ist bereits mittags, als die beiden fertig sind. Im Engeldorf klappert das Geschirr, das zum Mittagessen auf die Tische gestellt wird. Die Zwölf-Uhr-Glocke läutet.
Als sie alles aufgeräumt haben, schauen sie zufrieden auf ihr Handwerk. Unzählige Schokoladenfiguren stehen in der Backstube. Und es duftet wunderbar.
Sie schleichen an Erich vorbei und schließen die Bäckerei. Er soll alle Zeit haben, sich auszuruhen. Darin sind sie sich wortlos einig.
Und einig sind sie sich auch darin, dass es jetzt an der Zeit ist, etwas Herzhaftes zu essen. So schön und intensiv der Duft von flüssiger Schokolade auch ist …

 

 

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Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 1. Dezember – Die Vorbereitungen beginnen

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 2. Dezember – In der Backstube

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 3. Dezember – Das Wunder der Musik

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 4. Dezember – Zweiter Advent

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Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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