Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 7. Dezember – Die verschwundene Lichterkette

Noch ganz beseelt vom gestrigen Tag erwacht am nächsten Morgen das Leben im Engeldorf. Fast bis Mitternacht haben die Engel gemeinsam draußen gesessen. Entsprechend müde ist die oder der eine oder andere wahrscheinlich noch. Der Nikolaustag ist und bleibt einfach ein ganz besonderer Tag.
Ganz langsam sind nach und nach immer mehr Geräusche aus den Häusern rund um den Brunnen im Dorfkern zu hören.
Emil lehnt sich auf die Fensterbank und schaut aus dem Badezimmerfenster nach draußen. Von dort aus hat er einen wunderbaren Blick über das Dorf. Er hört Geschirr klappern, Wasser laufen, Kaffeemaschinen gluckern, Gläser klirren und wie jemand Besteck auf einen Holztisch legt. Die Dinge, die vor sich gehen, scheinen in Ruhe abzulaufen. Alles ist friedlich. Emil nimmt einen großen Schluck Tee aus seiner Tasse. Himbeertee. Selbst getrocknet und vorhin frisch aufgebrüht. Er duftet herrlich. Als er gerade den nächsten Schluck nehmen möchte, lässt er vor Schreck fast die Tasse fallen. Ein lauter Knall, gefolgt von einem lang anhaltenden Poltern geht durch das Engeldorf. Emil stutzt und versucht – nachdem er sich von dem ersten Schreck erholt hat – herauszufinden, woher diese unglaublich lauten Geräusche kommen. Sehen kann er nichts. Also geht er nach draußen.

Elise steht bereits neben dem Brunnen und schaut Emil fragend an. Auch sie hat es auf der Suche nach den Geräuschen nach draußen gezogen. Elise ist es also schon mal nicht. Die beiden sehen sich suchend um. Auf einmal öffnet sich Elfies Tür. Polternd kommt sie die beiden Stufen heruntergelaufen. Und als ob es selbstverständlich sei, dass Elise und Emil dort draußen stehen, geht sie sofort auf sie zu und fragt: „Gut, dass ihr da seid! Sagt mal, wisst ihr vielleicht, wo die Lichterkette für unseren großen Weihnachtsbaum ist? Ich kann sie beim besten Willen nicht finden. Und wir brauchen sie doch heute! Wir wollen doch heute den großen Baum schmücken!“ Nervös tapst sie von einem Bein auf das andere. Dabei bewegen sich ihre Flügel ebenfalls ganz kräftig hin und her. „Ich bin aber auch ein Schussel! Immer muss mir so etwas passieren! Wenn ich doch nur noch wüsste, wo ich sie im letzten Jahr nach dem Abschmücken hingelegt habe! Ich verliere aber auch alles!“
Elise legt eine Hand auf Elfies Schulter und versucht, sie zu beruhigen. „Aber Elfie …, mach dir nicht so viele Gedanken. Wir werden die Lichterkette schon wieder finden. Wer weiß, wo die wieder liegt. Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Lichterkette fehlt. Wir werden gleich gemeinsam schauen!“ Elise guckt Emil an und dann wieder Elfie. Und mit einem Augenzwinkern fügt sie hinzu: „Sobald gleich irgendwann alle aufgestanden sind. Ich schau schon mal im Schuppen nach.“

Während Elise in den Schuppen geht, holt Emil für Elfie eine Tasse Himbeertee. Elfie setzt sich, trinkt einen Schluck, sieht aber immer noch unglücklich aus. Emil setzt sich zu ihr.
Indes wühlt sich Elise durch den Schuppen. Staub wirbelt durch die Luft. Elise fällt alles, aber auch alles in die Hände, was irgendwann mal im Engeldorf gebraucht wurde. Nur die Lichterkette für den großen Weihnachtsbaum nicht. Sie überlegt. Wo könnte sie sein? Wo könnten sie sie im letzten Jahr hingelegt haben? Natürlich, Elfie hat sich immer darum gekümmert, dass die Lichterkette gut verstaut war. Aber verantwortlich dafür machen, dass sie sie jetzt nicht finden, können sie sie nicht. Zu oft ist es schon vorgekommen, dass Dinge während des Jahres gebraucht wurden und dann hinterher woanders lagen.
Und während Elise darüber nachdenkt, geht ihr im nächsten Moment im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht auf. „Das Lichterfest“, ruft sie laut aus und erschrickt fast vor ihrer eigenen Stimme. Natürlich! Sie hatten die Lichterkette im Spätsommer für das Lichterfest gebraucht. Obwohl sie die Lichterkette noch nicht in den Händen hält, ist sie erleichtert. Sie schließt die Schuppentür und geht zurück zu Emil und Elfie.
Die beiden sitzen immer noch auf der Treppenstufe vor Elfies Haus. Und Elfie sieht immer noch todunglücklich aus. „Wer hat das Lichterfest im Sommer organisiert?“, fragt sie ganz außer Puste. Elfie sieht sie fragend an, sagt aber wie selbstverständlich: „Erich, warum?“
Mit einem geheimnisvollen „Erkläre ich dir später“ eilt Elise zur Bäckerei. Nervös klopft sie an die Tür zur Backstube. Im Verkaufsraum ist niemand. Erich öffnet. „Elise!“, begrüßt er sie fröhlich. Doch bevor er weitersprechen kann, unterbricht sie ihn „Erich, wir brauchen deine Hilfe. Du warst doch im Sommer für die Organisation des Lichterfestes verantwortlich. Weißt du noch, wer die Lichterkette abgenommen und weggelegt hat?
„Ja natürlich“, Erich putzt das Mehl von seinen Händen an seiner Schürze ab und geht in Ruhe zu einem Schrank. Er nimmt einen Schlüssel heraus und hält ihn Elise hin. „Bei uns oben auf dem Dachboden. Ganz hinten links in der Ecke. Der runde Schlüssel ist es. Elise sieht ihn dankbar an. „Danke Erich, du bist uns eine große Hilfe!“
Erleichtert hält sie den Schlüssel fest in den Händen.

Nur wenige Minuten später steht sie mit einem großen Karton vor Elfie und Emil. Sie strahlt bis über beide Ohren. Ihre Wangen sind rosig. „Die Lichterkette wurde vom Festkomitee des Lichterfestes aufbewahrt. Du konntest sie gar nicht finden. Und du hast sie schon gar nicht verloren!“
Sofort geht Elfie ein Licht auf: „Ja natürlich! Ich habe sie Erich doch extra morgens noch vorbeigebracht!“ Ihr Gesicht entspannt sich. Sie ist wahnsinnig erleichtert und umarmt die beiden. „Danke, danke! Dann hol ich jetzt den Baumschmuck vom Dachboden. Da weiß ich nämlich ganz genau, wo der ist.“ Und weg war sie.
Elise und Emil sehen sich zufrieden und erleichtert an. „Machen wir Frühstück?“, fragt Emil. „Sehr gerne!“, antwortet Elise. „Bei Erich gibt es frisch gebackene Hörnchen. Soll ich uns welche besorgen?“
„Sehr gerne!“, antwortet wiederum Emil, „Ich mach uns in der Zeit einen Kaffee.“
Und so gehen sie nach einem aufregenden Morgen hinein in einen schönen Adventstag …

 

 

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Diese Geschichten unseres Adventskalenders sind außerdem erschienen:

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 1. Dezember – Die Vorbereitungen beginnen

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 2. Dezember – In der Backstube

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 3. Dezember – Das Wunder der Musik

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 4. Dezember – Zweiter Advent

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 5. Dezember – Holzsuche im Wald

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 6. Dezember – Der Nikolaus kommt zum Frühstück

Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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