Die erste Liebe – Eine Liedergeschichte zu “Sah ein Knab ein Röslein stehn”
Singen Sie an den entsprechenden Stellen die angegebene Strophe des Liedes “Sah ein Knab ein Röslein stehn”.
Die erste Liebe
Der kleine Felix kam ganz aufgeregt und mit leuchtend roten Wangen aus dem Kindergarten nach Hause. Seine Mutter konnte den ganzen Nachmittag nicht herausfinden, was mit ihrem Jungen bloß los war. So gute Laune hatte er schon lange nicht mehr gehabt.
Als der Vater abends von der Arbeit heim kam und vor dem Einschlafen mit Felix noch ein wenig mit seinen Autos spielte, erzählte der Kleine auf einmal, was ihn über den Tag so bewegt hatte. Laura.
Laura hatte ihren ersten Kindergartentag und war neu in Felix’ Gruppe. “Sie hat ganz lange braune Haare und ihre Augen sehen aus, wie die von einem kleinen Reh.”, erzählte er und dabei wurden seine kleinen Pausbäckchen wieder leuchtend rot. Felix hatte strohblonde Haare, die hellen Haare ließen seine Wangen noch viel kräftiger leuchten. Felix erzählte und erzählte, wie Laura lacht, wie sie zusammen gespielt haben, dass er von ihrem Frühstücksbrot abbeißen durfte, und, und, und… Auch beim Zähneputzen hielten seine Lippen nicht still.
Felix erzählte von seiner Laura bis ihm vor lauter Erschöpfung die Äuglein zu fielen…
Sah ein Knab ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
war so jung und morgenschön,
lief er schnell, es nah zu sehn,
sah’s mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Die Eltern unterhielten sich an diesem Abend noch lange über Felix und seine erste Kindergartenliebe und freuten sich, dass ihr Junge so glücklich war – und dass sie daran teilhaben durften. Am nächsten Morgen war Felix der erste, der wach war. Er zog sich alleine um, wusch sich sogar sein Gesicht ohne zu nörgeln und wartete schon in der Küche als seine Eltern endlich aufstanden. Sie trauten ihren Augen kaum.
Als seine Mutter Felix am Mittag jedoch abholte, sah das kleine Gesicht auf einmal ganz anders aus. Die Wangen waren blass, das Leuchten in den Augen war verschwunden. Den ganzen Nachmittag wollte Felix weder spielen, noch essen. Selbst die Autos, mit denen er so gerne durch die Wohnung fuhr, standen noch genau an der Stelle, an der er sie am Vorabend mit seinem Vater geparkt hatte.
Wieder erfuhr die Mutter nicht, was mit dem Jungen los war. Erst am Abend, nach der Gute-Nacht-Geschichte, fing Felix langsam an zu erzählen: “Papa, weißt du, Laura hat heute nur einmal mit mir gespielt. Und von ihrem Frühstücksbrot durfte ich nur ein kleines Stückchen probieren, weil sie Christina und Tom auch etwas abgeben wollte. Aber Laura ist doch meine Freundin!” Und dann erzählte er, wie er versucht hatte, draußen mit Laura zu schaukeln, diese aber mit Eva Sandkuchen backen wollte. Und als er sie einlud, neben ihr zu sitzen, lehnte sie dankend ab und setzte sich zu Paul und Sandra. Felix verstand die Welt nicht mehr. Er war so traurig, dass ihm im Arm seine Vaters sogar eine dicke Träne die Wangen herunterlief.
Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: Ich steche dich,
daß du ewig denkst an mich,
und ich will’s nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Dem Vater tat sein Sohn sehr Leid, er sah es nicht gern wenn Felix traurig war. Und er dachte an die Zeit zurück, als er damals das erste Mal verliebt gewesen war. Auch er musste lernen, was es heißt zu lieben und loszulassen…
Er erklärte Felix, dass Laura ihn auch noch gerne hatte wenn sie mit anderen Mädchen und Jungen spielte. Und dass es in Ordnung sei, wenn sie einmal keine Lust hatte, zu schaukeln. “Frag sie doch einfach mal, was sie gerne spielen möchte. Und ob du mit ihr zusammen spielen darfst. Wenn sie dann trotzdem mit jemand anderem spielen möchte, dann lass sie ruhig gehen. Später kommt sie dann bestimmt wieder zu dir zurück und schaukelt oder klettert mit dir. Glaube mir, mein Junge, es ist besser wenn man die Mädchen manchmal ziehen lässt. Auch wenn das für dich jetzt schwer zu verstehen ist…”.
Felix lag die ganze Zeit im Arm seines Vaters. Er hörte ihm genau zu. Und obwohl er nicht alles verstand, was seim Vater ihm erzählte und worüber er genau redete, hatte er das Gefühl, die Ratschläge seines Vater befolgen zu müssen. Er musste es auf jeden Fall versuchen! Schließlich wollte er doch wieder mit Laura spielen. Mit unzähligen Gedanken in seinem kleinen Kopf schlief Felix an diesem Abend ein…
Und der wilde Knabe brach
‘s Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
half ihm doch kein Weh und Ach,
mußt’es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Als die Mutter Felix am nächsten Tag wieder vom Kindergarten abholte, traute sie ihren Augen kaum. Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Felix kam ihr schon am Eingang entgegen gelaufen. Seine blauen Augen strahlten wieder, die Wangen glühten vor Aufregung. Wie ein Wasserfall erzählte er ihr, wie schön er mit Laura gespielt hatte, dass sie sich ganz alleine ihr Frühstück geteilt haben und dass sie ihn gerne einmal besuchen wollte.
Und Felix war ganz erstaunt, dass die Ratschläge seines Vaters ihm so geholfen hatten. Dabei hatte er doch nur einmal kurz mit Mathilde in der Puppenecke gespielt…
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Guten Tag,
neben vielen anderen tollen Geschichten finde ich bei dieser den Text und das Lied sehr unpassend. Bei vielen Lehrgängen für Betreuungskräfte stießen wir darauf, dass bei diesem Lied-Klassiker besonders in Strophe 3 eine gewaltvolle Grenzüberschreitung gehört werden kann. Grenzüberschreitungen,wie sie nicht wenige Heimbewohnerinnen erlebt haben, wie ich in Gesprächen erfuhr.
Also, ein sehr sehr behutsamer Einsatz dieses Liedes ist angesagt.
Mit freundlichen Grüßen
K. Lappe, Musikgeragoge