Wie früher, nur ein bisschen weiter weg. Eine Liedergeschichte zu “Wenn ich ein Vöglein wär”
Im heutigen Beitrag finden Sie eine kostenlose Liedergeschichte über eine ganz besondere Freundschaft. Anna und Sophie kennen sich schon ihr Leben lang. Obwohl sie heute weit voneinander entfernt wohnen, sind sie sich näher denn je.
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Die Geschichte erzählt von Erinnerungen, von Nähe trotz Entfernung und von dem, was wirklich zählt. An mehreren Stellen wird gemeinsam gesungen. Die Liedstrophen sind direkt in die Geschichte eingebunden.
Die Erzählung eignet sich wunderbar für eine Vorlesestunde mit Senioren oder in der Begleitung von Menschen mit Demenz. Folgen Sie uns gerne auf Facebook und abonnieren Sie unseren Newsletter für weitere kostenlose Vorlesegeschichten.
Wie früher, nur ein bisschen weiter weg
Anna und Sophie kennen sich, seitdem sie klein sind. Aus einer Freundschaft, in der sie sich nahezu mehrmals täglich gesehen haben, ist mittlerweile eine Freundschaft geworden, in der die beiden sich über das Telefon und Briefe austauschen. Anna ist vor vielen Jahren in den Norden Deutschlands gezogen. Sophie ist im Süden geblieben. Hier sind sie zusammen aufgewachsen. Die beiden wohnten Garten an Garten, sind zusammen in den Kindergarten und die Grundschule gegangen und haben ihre Schulabschlüsse gemeinsam gemacht. Anna hat immer gesagt, dass in ihnen ein und dasselbe Herz schlagen würde. So viel hatten sie gemeinsam – im Denken, im Fühlen und in der Art, wie sie ihr Leben gestalteten.
Für Sophie ist eine Welt zusammengebrochen, als Anna ihr eröffnete, dass sie umziehen würde. „So weit weg?“ waren die ersten Worte, die sie schaffte zusammenzubekommen. „Ja, es tut mir unendlich leid. Es ist die Stelle, die ich von Anfang an haben wollte. Der Arbeitsbereich, der genau auf mich zugeschnitten ist.“ Sophie weiß noch ganz genau, dass sie natürlich wusste, wie perfekt diese Stelle für Anna war und sich tief in ihrem Inneren so sehr für ihre Freundin freute. Die Angst vor dem Gefühl, sie nicht mehr jederzeit um sich zu haben, lies aber in dem Moment keinen Raum für diese Freude. Eine Träne lief an ihrer linken Wange herunter.
Sophie brauchte Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass das Leben der beiden Freundinnen anders weitergehen würde, als von ihr erhofft. In dieser Zeit dachte sie viel darüber nach, wie es wäre, wenn auch sie sich im Norden eine neue Stelle suchen würde. Sie bewarb sich sogar auf ein paar Anzeigen. Schlussendlich sollte es aber nicht so sein. Es dauerte ein wenig, bis sie es schaffte, die Situation so anzunehmen, wie sie war.
Heute ist sie dankbar für diese Wege.
Wenn ich ein Vöglein wär
und auch zwei Flüglein hätt,
flög ich zu dir.
Weil’s aber nicht kann sein,
bleib ich allhier.
Sophie steht im Zug, der gerade in den Bahnhof einfährt. Gefühlt dauert die Einfahrt eine Ewigkeit. Mit der rechten Hand umklammert sie die Haltestange, mit der linken hält sie ihre Reisetasche fest. Obwohl sie jetzt schon X-Male diese Fahrt gemacht hat, ist sie immer noch so aufgeregt wie beim ersten Mal. Das Wetter ist ein Traum, der Himmel strahlt in einem wunderschönen blau, der Fluss, den der Zug überquert, glitzert im Sonnenlicht. Sie freut sich auf Anna. Ihr letzter Besuch ist fast schon ein halbes Jahr her. Seitdem die Kinder groß sind, können sie sich aber viel häufiger sehen als früher. Sophie lächelt. Es ist schon etwas anderes, ob man alleine unterwegs ist oder noch Kinder und Gepäck für alle dabei hat.
Vorsichtig steigt sie aus dem Zug aus und schaut sich suchend nach Anna um. Die hat sie aber schon gesehen und fällt ihr voller Wiedersehensfreude um den Hals. „Ist das schön, dich zu sehen!“
Sophie hält ihre Freundin für einen Augenblick im Arm und genießt die Umarmung. Sie gehen gemeinsam in Richtung Ausgang.
Zuhause angekommen gibt es erstmal eine Tasse frisch aufgebrühten Tee und eine Scheibe Hefezopf mit selbstgemachter Erdbeermarmelade. Es fühlt sich an wie früher. Die beiden erzählen, lachen und weinen. Die beiden großen Jungs der beiden sind schon ausgezogen, die „Kleinen“, wie sie sie immer noch nennen, stehen kurz vor ihren Schulabschlüssen. Anna lacht ganz viel bei den Erzählungen aus der Vergangenheit. „Weißt du noch, wie verzweifelt ich war, als Nils das erste Mal im Kindergarten einen anderen Jungen geschubst hat und ich mir seine Zukunft als Schwerverbrecher ausgemalt habe?“
„Ja, oder ich, als Tom das erste Mal bei jemand anderem übernachtet hat. Ich konnte vor Sorge die ganze Nacht nicht schlafen.“ Die beiden halten einen Augenblick inne. Ein dankbares Lächeln zeichnet sich auf ihren Gesichtern ab.
Und fast gleichzeitig sagten beide „Das hätte ich ohne die vielen Telefonate mit dir nicht geschafft.“
Bin ich gleich weit von dir,
bin ich im Traum bei dir
und red mit dir.
Wenn ich erwachen tu,
bin ich allein.
Aus der anfänglichen Sorge um ihre Freundschaft ist ein noch tieferes Vertrauen und ein noch stärkerer Zusammenhalt geworden. Die beiden durften gemeinsam wachsen – an den glücklichen Momenten und auch den Herausforderungen. Mittlerweile sind sie dankbar über die Wege, die sie gehen durften. Und auch über die eine oder andere Träne, die dazu gehörte.
Nach einem ausgiebigen Spaziergang durch die wunderbare Sonne statten die beiden ihrer Lieblingseisdiele einen Besuch ab. „Ein so leckeres Pistazieneis gibt es nur hier!“, strahlt Sophie glücklich über beide Wangen. Anna freut sich, dass Sophie sich hier so wohl fühlen kann. Ein paar ihrer neuen Freunde kennt sie nach all den Jahren auch. Es ist wie früher… nur manchmal eben ein bisschen weiter weg…
Es vergeht kein Stund in der Nacht,
da nicht mein Herz erwacht
und an dich denkt,
dass du mir tausendmal
dein Herz geschenkt.
Am Abend ist Foto-Zeit. Die beiden haben es sich zu einem Ritual gemacht, am ersten Abend ihrer gemeinsamen Wochenenden Fotos der vergangenen Monate anzugucken und in Erinnerungen zu schwelgen. An den beiden anderen Abenden blicken sie nach vorne.
Die beiden stoßen mit einem Glas Rotwein an. „Wir haben das gut hinbekommen“, lächelt Sophie ihre langjährige Freundin voller Dankbarkeit an. „Ja, das haben wir!“, strahlt Anna und wirft ihr einen ebenso dankbaren Blick zu.
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