Wichtiger als alles andere! Liedergeschichte zum Volkslied “Der Kuckuck und der Esel”

In dieser Liedergeschichte zum Vorlesen und Mitsingen zu dem beliebten Volkslied “Der Kuckuck und der Esel” geht es um Freundschaft.
Lesen Sie die Geschichte vor und singen Sie an den entsprechenden Stellen die angegebene Strophe des Volksliedes “Der Kuckuck und der Esel”.

Wichtiger als alles andere!

Tom und Alex trafen sich wie jeden Freitag in dem kleinen Café an der Ecke und tranken eine Tasse Kaffee zusammen. Manchmal kamen auch noch eine Waffel und ein Stück Kuchen oder – wenn es ganz spät wurde – eine Portion Pommes mit Currywurst dazu.
Bisher stand vor jedem von ihnen aber erstmal die ersehnte Tasse Kaffee nach dem Feierabend vor dem Wochenende. Tom und Alex kannten sich aus Kindertagen. Sie waren gemeinsam aufgewachsen und zur Schule gegangen, hatten zusammen studiert und waren jahrelang zu zweit in den Urlaub gefahren.
Die Stimmung war gut, beide erzählten von ihrer Woche und den Neuigkeiten aus dem Schwimmverein. Das Wetter war schön, sie konnten draußen sitzen und die Sonne genießen, die von einem wolkenlosen Himmel strahlte. Beide genossen die Zeit wie eh und je.
Bis… ja, bis Tom eine Bemerkung über Alex’ Lieblingsfußballverein machte, die bei Alex einen ziemlich bitteren Beigeschmack hinterließ. Alex wollte sich zunächst nichts anmerken lassen, konnte seine Wut aber irgendwann nicht mehr verbergen. Erst wurde es ganz ruhig am Tisch. Dann folgte ein ziemlich hitziges Wortgefecht, dass in eine Grundsatzdiskussion überschwappte. Die Gemüter kochten hoch, die Gesichter wurden rot und die Stimmen der beiden immer lauter, so dass schon der Kellner verdutzt zu ihnen herüberschaute, der diese Seite der beiden überhaupt nicht kannte.



Der Kuckuck und der Esel,
die hatten einen Streit.
Wer wohl am besten sänge,
wer wohl am besten sänge,
zur schönen Maienzeit,
zur schönen Maienzeit.

Die anderen Cafébesucher verstummten nach und nach. Der Streit war für niemanden mehr zu überhören. Tom sah sich um. Ihm wurde es zu bunt. Er legte Geld auf den Tisch, stand auf und verließ mit hochrotem Kopf das Café. “Man man man” murmelte er beim Hinausgehen. Schnurstraks ging er die Straße entlang “So einen Satz kann man doch gar nicht falsch verstehen…”
Er lief und lief und fragte sich, was denn da gerade schief gelaufen war und vor allem, wie daraus ein so großer Streit hatte werden können. Er spürte, wie er Bauchschmerzen bekam. Eine Leere kam in ihm auf. Verzweiflung machte sich breit.
Auch Alex, der noch im Café saß und sich gerade noch darüber geärgert hatte, dass Tom meinte, besser über das Fußballspiel der vergangenen Woche Bescheid zu wissen, spürte ein ganz komisches Gefühl in seinem Bauch. Er sah nach draußen. Es war so ein schöner Tag und sie stritten. So einen Streit hatte er noch nie gehabt. Eigentlich waren sie immer gut miteinander ausgekommen. Der Kellner kam und legte eine Hand auf seine Schulter. “Ist alles in Ordnung bei dir?” Alex zog seine Schultern hoch. “Ich weiß nicht,” murmelte er, “nein, eigentlich nicht”.
Der Kellner guckte ihn aufmunternd an. “Komm, geh ihm hinterher, euer Kaffee geht auf mich! Klärt die Sache und dann kommt nachher noch auf eine Currywurst rein, ich heb euch eine auf!”
Alex zögerte kurz. Dann nickte er dankbar und klopfte dem Kellner auf den Oberarm.
Er verließ das Café, überlegte kurz, in welche Richtung er gehen sollte und ging dann zielsicher die Straße hinunter.

Der Kuckuck sprach: “Das kann ich!”
und fing gleich an zu schrei’n.
“Ich aber kann es besser,
ich aber kann es besser!”
Fiel gleich der Esel ein,
fiel gleich der Esel ein.

Als Alex im nahegelegenen Stadtpark ankam, stand die Sonne schon ein wenig tiefer. Er musste nicht lange suchen, bis er Tom fand. Er saß am Seeufer und ließ Steine ins Wasser gleiten. Tom war in Gedanken, brauchte sich aber nicht umzudrehen um zu wissen, wer sich neben ihn setzte. Eine Weile saßen sie schweigend da und schauten in die langsam aber sicher untergehende Sonne.
Dann drehte Tom sich zu Alex. “Es tut mir Leid, ich wollte dich nicht verletzen. Es war nicht so gemeint.” Alex legte seine Hand auf Toms Schulter. “Ja, ich weiß, ich hätte nicht sofort hochgehen müssen, wie von der Tarantel gestochen. Ich hätte einfach nachfragen können, wie es gemeint war”
Sie schauten sich an. Es tat ihnen leid, das stand ihnen beiden ins Gesicht geschrieben. “Ich lass nie mehr unüberlegte Kommentare nach verlorenen Spielen ab, versprochen!” sagte Tom bestimmt. “Und du könntest mich gerne das ein oder andere Mal daran erinnern, dass ein verlorenes Fußballspiel kein Weltuntergang ist!”, bat Alex seinen Freund.
Sie lachten. Zusammen. Das fühlte sich gut an! Aus ihnen wich endlich diese unaushaltbare Leere…

Das klang so schön und lieblich,
so schön, von fern und nah.
Sie sangen alle beide,
sie sangen alle beide
“Kuckuck, Kuckuck – Iah,
Kuckuck, Kuckuck – Iah”

Beide waren einer Meinung, dass ihre Freundschaft ihnen wichtiger war als jeder Streit über Fußball oder irgendein anderes Thema. Mit einem Lächeln kehrten sie ins Café zurück, setzten sich an ihren Tisch und bestellten eine extragroße Portion Currywurst mit Pommes. Der Kellner war so erleichtert, dass die beiden ihren Streit beigelegt hatten, dass auch die Currywurst aufs Haus ging.
Sie saßen noch lange zusammen und verabschiedeten sich, als das Café an diesem Abend endgültig schloss, mit einer festen Umarmung und einem herzlichen “Bis nächste Woche!”.

Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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