Prävention und Demenz?
Dr. Johannes Pantel über die AKTIVA-Methode!
Professor für Gerontopsychiatrie der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt
Herr Dr. Pantel, Sie haben ein Buch über Demenzprävention geschrieben, ein Thema über das man nicht allzu viel hört. Wie ist es dazu gekommen?
Nach vielen meiner Vorträge über das Thema Demenz habe ich sehr häufig Publikumsfragen von besorgten Gesunden aus allen Altersstufen erhalten, die sich ganz konkrete Hinweise zur Vorbeugung von Demenz und zum langfristigen Erhalt der geistigen Leistungsfähigkeit erhofften. Obwohl die Ratgeberliteratur für Demenzkranke und ihre Angehörigen inzwischen sehr umfangreich ist, stellte ich fest, dass es im deutschsprachigen Raum praktisch keinen Ratgeber für diejenigen Personen gibt, die sich gezielt vor Demenz schützen wollen. Angesichts der Tatsache, dass die Demenzen neben den Krebs- und den Herz-Kreislauferkrankungen zu den häufigsten chronischen und schwerwiegenden Erkrankungen des Alters gehören, erschien mir dies ganz offensichtlich als eine Lücke.
Wofür steht AKTIVA?
AKTIVA steht für “Aktive kognitive Stimulation: Vorbeugung im Alter”. Hiermit wird eine zentrale Idee unseres Präventionsprogramms skizziert, die dem Einzelnen eine aktive Rolle bei der Auswahl aber auch bei der Durchführung kognitiv stimulierender Alltags- und Freizeitaktivitäten zumutet. Die AKTIVA-Methode soll den Einzelnen dabei unterstützen, realistische und wissenschaftlich belegte Maßnahmen zum Erhalt der geistigen Fitness und zur Vorbeugung von kognitiven Defiziten im Alter kennen zu lernen und umzusetzen. AKTIVA beinhaltet die Elemente “Wissensvermittlung, “Bestandaufnahme” und “Umsetzung”, die wechselseitig aufeinander bezogen sind und ein strukturiertes Vorgehen ermöglichen. In der Finanzwirtschaft umfasst der Begriff “Aktiva” übrigens die Vermögensseite einer Bilanz. Die Namensgleichheit ist zufällig aber nicht ganz unpassend, da AKTIVA den Fokus auf die Ressourcen jedes Einzelnen und nicht seine Defizite lenkt.
Für wen haben Sie die AKTIVA-Methode entwickelt?
Die Methode wurde in erster Linie für kognitiv gesunde Menschen ab dem mittleren Lebensalter (Generation 50+) entwickelt. Aber auch Personen, bei denen bereits überdauernde leichtgradige Gedächtnisstörungen bestehen (so genannte “leichte Kognitive Beeinträchtigung”, mild cognitive impairment/MCI) finden in dem Ratgeber nützliche und fundierte Informationen.
Welche zentralen Tipps muss man beherzigen, wenn man einer Demenz vorbeugen möchte?
Die drei Säulen der Demenzvorbeugung sind geistige Aktivität (gleich welcher Art, nur Spaß sollte es machen), gesunde Ernährung (die robustesten Befunde liegen hier für die so genannte Mittelmeerkost vor), und regelmäßige körperliche Aktivität (ab drei mal dreißig Minuten pro Woche im mittleren Ausdauerbereich greift ein nachweisbarer Schutzeffekt). Das Ganze sollte möglichst alltagsnah sein und an aktuellen oder früheren individuellen Vorlieben und Neigungen anknüpfen. Unsere Erfahrung ist nämlich, dass die erforderliche Nachhaltigkeit in Frage steht, wenn die einzelnen Maßnahmen zu technisch und alltagsfern sind. Im besten Fall fängt man bereist im Mittleren Lebensalter damit an.
Kann die AKTIVA-Methode eine Demenzerkrankung verhindern?
AKTIVA kann belegte Risikofaktoren für Demenz reduzieren und Schutzfaktoren aktivieren. Dies betrifft jedoch nur die potentiell beeinflussbaren Faktoren. Hierdurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer späteren Demenzerkrankung verringern. Es wäre jedoch unseriös zu behaupten, durch die AKTIVA-Methode, ließe sich eine Demenzerkrankung letztlich verhindern. Hierfür fehlt auch bislang ein abschließender wissenschaftlicher Beleg. Ich habe jedoch gute Gründe für die Annahme, dass sich durch AKTIVA eine Demenzentwicklung zumindest verzögern lässt.
Gibt es einen einfachen Weg um eine Demenz von “normaler” Vergesslichkeit zu unterscheiden?
Wenn dies so einfach wäre, hätte ich diesem Thema in meinem Buch kein umfangreiches Kapitel widmen müssen und viele Gedächtnisambulanzen und Arztpraxen hätten keine Kundschaft mehr. Allerdings ist “normale”, d.h. gutartige Vergesslichkeit häufig situativ bedingt (z.B. stressabhängig) und damit zumeist vorüber gehend. Pathologische Vergesslichkeit ist dagegen typischerweise überdauernd, fortschreitend und ab einem bestimmten Punkt alltagsrelevant d.h. sie geht mit einer signifikanten Funktionseinbuße bei der Lebensbewältigung einher. Wer ernsthafte Sorgen hat, sollte m.E. lieber ein paar Monate früher zum Arzt gehen, da es auch eine Reihe von potentiell gut behandelbaren Ursachen von Gedächtnisstörungen gibt.
Welche Tipps würden Sie Einrichtungen der Altenhilfe geben, die Demenzprävention in ihr Betreuungskonzept integrieren möchten?
Die Angebote sollten vielfältig, interaktiv und an den Interessen, Vorerfahrungen und Neigungen der Bewohner ausgerichtet sein. Keinesfalls sollten die Bewohner unterfordert werden. Ideal sind auch Angebote, die motorische mit kognitiven Herausforderungen kombinieren (z.B. Theateraufführungen oder Tanz). Aber auch gemeinsame, mental herausfordernde Unternehmungen (z.B. der Besuch eines Museums) mit anschließendem Austausch oder Diskussion könnten Teil eines solchen Konzepts sein. Wenn dies alles noch durch vollwertige Ernährungsangebote (idealer weise im Sinne der Mittelmeerkost) sowie regelmäßige Bewegungsangebote ergänzt wird, sind bereits wichtige Anliegen von AKTVA berücksichtigt.
Herzlichen Dank, Herr Dr. Pantel !!!
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Vielen Dank für die wunderbaren Hinweise. Ich arbeite seit 18 Jahren in einer vollstationären Einrichtung. Mein Aufgabenbereich ist überwiegend die Tagesstruktur und soziale Betreuung von dementen Menschen. Es gibt bei uns keine monogamen Betreuungsgruppen. Das bringt viele Störungen und Unterbrechungen mit sich. Wenn ich Ihre Beiträge lese, dann könnten viele Details von mir sein. Ich habe die Freude an meiner Arbeit noch immer bei behalten. Manchmal erwische ich mich allerdings in einer Sackgasse und freue mich dann über Ihre Ansätze/IDEEN, welche mir weiter helfen.
Danke schön und bleibt mir bitte erhalten
Tiebi