Der Weltenbummler. Eine Liedergeschichte

Singen Sie an den entsprechenden Stellen die erste Strophe des angegebenen Liedes. Wenn die Gruppe es wünscht, kann auch jeweils das ganze Lied gesungen werden. In diesem Fall muss allerdings ausreichend Zeit eingeplant werden.

Der Weltenbummler

Harry saß mit seiner weißen Leinenhose, seinem weißen Hemd, seinen braunen Ledersandalen und seiner alten Pfeife gemütlich in einem Schaukelstuhl auf der Terrasse und las die Zeitung. Für ihn war es wichtig zu wissen, was so in der Welt los war, schließlich war er selbst schon viel herum gekommen. “Wo fühlst du dich zu Hause?”, hatte seine alte Freundin Liesel ihn mal gefragt, “Da, wo ich mein Pfeifchen rauche!”, hatte er geantwortet und dabei gelacht. Als Künstler war er nie reich geworden, aber es reichte um von der Malerei zu leben. Er schätzte es sehr, dass er durch seine Ausstellungen so viele interessante Orte kennen lernte. Zu fast jeder Stadt und Region an die er dachte, viel ihm ein schönes Erlebnis ein.



Einmal war er zu einer Vernissage an der Saale eingeladen. Sie fand in einer alten zerfallenen Burg statt. Es war eine wunderschöne Sommernacht und die Bilder waren mit einer einzigartigen Beleuchtung ganz bezaubernd in Szene gesetzt worden. Frau Gabriele, die die Ausstellung geleitet hatte, und er standen auf einem kleinen Podium und begrüßten die Gäste. Frau Gabriele hatte gerade davon erzählt, dass manche Menschen daran glaubten, dass der alte Burgherr als Geist die Burg bewache. In dem Moment, ging das Licht aus. Frau Gabriele sprang hoch und begab sich direkt in Harrys Arme. Ohne diesen kleinen Zwischenfall, hätte Harry wohl auf eine wunderschöne Nacht verzichten müssen. Wenn er an die Saale dachte, musste er sofort lächeln.

An der Saale hellem Strande
stehen Burgen stolz und kühn
Ihre Dächer sind zerfallen,
und der Wind streicht durch die Hallen,
Wolken ziehen d´rüber hin.

Harry mochte es, wenn er als Weltenbummler bezeichnet wurde. Ein Weltenbummler zu sein passte gut in sein Weltbild. Nicht still stehen. Offen sein für Neues. Mit offenen Augen und wachen Sinnen allerlei erleben. Es gab schon aberwitzige Situationen und seltsame Dinge, die man beobachten konnte wenn man reiste. Besonders skurrile Erinnerungen kamen Harry in den Sinn, wenn er an seine vielen Zugreisen dachte. So war es ihm im Schwabenländle doch tatsächlich einmal passiert, dass ihm eine freche Ziege in den Hintern gebissen hatte. Der Ziegenbiss ereignete sich nicht etwa auf einer Wiese oder Weide. Nein, der Ziegenbiss passierte im Zug. Dort hatte ein Bauer die Ziege einfach mit hinein genommen. Bei dem Gedanken daran musste er mittlerweile zwar laut lachen, aber er hatte seitdem kein besonders gutes Verhältnis mehr zu Ziegen. Er konnte gut verstehen, dass der Bauer in dem alten Volkslied die Ziege hinten an den Wagen gebunden hatte.

Auf de schwäb’sche Eisebahne
gibt’s gar viele Haltstatione.
Stuttgart, Ulm und Biberach,
Meckebeure, Durlesbach!
Rulla, rulla, rullala,
Rulla, rulla, rullala.
Stuttgart, Ulm und Biberach,
Meckebeure, Durlesbach!

Seiner großen Liebe war Harry in Regenburg begegnet. So lange wie dort, hatte er es dann auch in keiner anderen Stadt ausgehalten. Ein Kapitän eines alten Dampfschiffs hatte ihn eingeladen, ein paar seiner Bilder an Bord des Schiffes auszustellen. Die Idee, dass seine Bilder jeden Tag stetig über die Donau schippern würden, hatte ihm gut gefallen. Doch als er das Schiff betrat, hatte er in seinem Kopf gar keinen Platz mehr für seine Bilder, er hatte keinen Platz mehr im Kopf für das schöne alte Dampfschiff im Kopf und keinen Platz mehr für die schöne Donau. Er hatte nur noch Augen für die schöne Tochter des Kapitäns. Sie hieß Liesel, hatte ein Dirndl an und brachte Kaffee und Kuchen für die Gäste. Ewig gehalten hatte die Liebe zwar nicht, dafür war Harry einfach zu unstet, doch noch heute waren Harry und Liesel sich in tiefer Freundschaft verbunden und schrieben sich regelmäßig Briefe.

Als wir jüngst in Regensburg waren,
sind wir über den Strudel gefahren.
Da war’n viele Holden, die mitfahren wollten.
Schwäbische, bairische Dirndel juchheirasa,
muß der Schiffmann fahren.

Harry klappte die Zeitung zu und legte sein Pfeifchen zur Seite, er hatte nicht so viel Zeit und musste gleich aufbrechen. Am Abend würde er seine neusten Werke in einem Hotel in der Lüneburger Heide präsentieren.

Auf der Lüneburger Heide
In dem wunderschönen Land
Ging ich auf und ging ich unter
Allerlei am Weg ich fand

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Natali

© by Natali Mallek. Dipl. Sozialpädagogin/ Sozialarbeiterin, Gedächtnistraininerin, Master of Arts "Alternde Gesellschaften", Gründerin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Natali Mallek finden Sie hier. Fortbildungen mit Natali Mallek finden Sie hier.

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