Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 5. Dezember – Holzsuche im Wald

Auch am darauffolgenden Morgen ist Elise immer noch erfüllt von der Freude des gestrigen Tages. Den ganzen Tag über hatte sie Besuch und zeigte stolz ihren wunderschönen, aber eher nicht traditionellen Adventskranz. Wobei ihr das relativ schnell egal geworden war. Abends ging sie noch eine Runde spazieren und schaute sich die Adventskränze der anderen Engel an.
Und siehe da … Fast alle 24 Engeldorf-Bewohner hatten in diesem Jahr durchaus kreative Adventskranz-Modelle auf ihren Tischen stehen. Und auch bei ihnen wurden die ersten beiden Kerzen gemeinsam angezündet. Als der Tag sich langsam dem Ende neigte, herrschte eine gelöste und sehr zufriedene Stimmung im Engeldorf …
… die bis heute anhält.



Elise klopft an Emils Tür. Erst zaghaft, nachdem er nicht öffnet, ein wenig lauter. Elise hört, wie jemand mit einem Bein zur Tür gehüpft kommt. Emil öffnet die Tür. Sein Gewand hängt halb über einem Flügel und er steckt nur mit einem Bein in der Hose. „Sag nichts, ich habe verschlafen“, murmelt er, bevor Elise etwas sagen kann. Sie kann sich das Grinsen nicht verkneifen und hofft, dass er es nicht als solches wahrnimmt. Sie räuspert sich: „Ähm, soll ich dir helfen? Deinen Flügel festhalten vielleicht?“ Emil schaut sie erst skeptisch an, verliert dann aber schnell seine Anspannung und antwortet leise: „Ja, das wäre total nett, seit dem Aufstehen klappt hier gar nichts. Meine Flügel sind auch ganz zerknittert.“
„Ach, die entknittern sich gleich schon wieder”, redet Elise beruhigend auf ihn ein, als sie das Gewand über seinen rechten Flügel zieht und glatt streicht „Hauptsache, wir kommen gleich los …“
„Ja, ich bin ja gleich fertig.“ Emil zupft die letzten Kanten zurecht und folgt Elise nach draußen. Elise hat schon den Bollerwagen in der Hand und zieht ihn hinter sich her in Richtung Wald. Die beiden haben sich zum Holzsammeln verabredet. Der Winter soll kalt werden. Da ist es gut, wenn sie vorsorgen.

Sie werden schnell fündig. Fleißig sammeln sie geeignetes Feuerholz und nach kurzer Zeit ist der Wagen voll. So voll, dass sie Mühe haben, ihn zu zweit durch den Wald zu ziehen. Etwa auf der Hälfte des Rückwegs hört Elise ein Geräusch, das ihr komisch vorkommt. Es dauert, bis sie gefunden hat, woher es kommt. Vorsichtig schiebt sie das Laub zur Seite. „Warum schläfst du denn nicht?“, ihre Stimme klingt besorgt. Unter dem Laub liegt ein kleiner Igel. Schwach sieht er aus und ein verletztes Bein hat er auch. „Ach, ich weiß auch nicht. Ich war wach, weil ich Hunger hatte und dachte, der Winterschlaf sei schon vorbei. Dafür ist es aber noch ganz schön kalt. Und dann bin ich auch noch über die Baumwurzel da hinten gestolpert.“ Er zeigt auf die Wurzel schräg rechts hinter sich, hält dann aber schnell ein, weil sein Bein zu schmerzen scheint. „Ach herrje“, tut es Elise leid, „du hättest noch gar nicht aufwachen sollen. Es ist noch viel zu früh. Und dein Bein sieht nicht gut aus …“
Sie tastet das Bein ab und überlegt. Sie schaut Emil an. Er nickt ihr zustimmend zu, wohl wissend, was Elise vorhat.
„Hör zu, ich würde dich gerne mit zu uns nehmen und mir dein Bein genauer anschauen. Dann brauchst du etwas zu trinken und zu essen und vor allem viel Wärme. Wir haben viel Platz in Emmis Stall. Dort kannst du über den Winter bleiben.“ Der Igel zögert und schaut sich suchend um.

„Wir bringen dich, sobald es geht, wieder genau an diese Stelle zurück. Dann findest du deine Familie wieder. Hab keine Angst! Es wird alles gut werden.“ Ein wenig zögerlich, aber auch sichtbar erleichtert nickt er und lässt sich von Elise auf den Arm nehmen. Sie hüllt ihn in ihr Gewand und trägt ihn vorsichtig nach Hause. In einer Hand den Igel, in der anderen den Wagen, kommen sie und Emil im Engeldorf an. Den Wagen lassen sie vor dem Haus stehen und gehen sofort in Emmis Stall. Emmi ist eine sehr freundliche Eselin, die sich über den Besuch freut. Auch sie schaut besorgt auf den kleinen Igel. Sie macht ihm einen schönen Platz im Stroh zurecht. Elise holt ihm etwas zu trinken und Emil schient das gebrochene Bein. Der Igel trinkt und die Ruhe scheint ihm gutzutun. Nach kurzer Zeit werden die Augen immer kleiner. Als Elise und Emil schon dachten, er sei eingeschlafen, schreckt er noch einmal hoch: „Ich heiße Ilias. Danke, dass ich bei euch bleiben darf.“ Dann schläft er ein. Die beiden lächeln, nicken Emmi freundlich zu und schleichen sich aus dem Stall.
Draußen haben die anderen Engel schon den Bollerwagen ausgeräumt, sodass für Elise und Emil nichts mehr zu tun ist. Ein Feuer knistert draußen neben dem Brunnen. Egon bringt den beiden zwei Tassen heißen Tee. Zufrieden und erleichtert sehen sie einander an. Das haben sie gut gemacht. Ja und auch das ist Advent …

Für ein paar Minuten sitzen sie einfach da. Im Schein und in der Wärme des Feuers. Dann erzählen sie den anderen Engeln, was sie heute erlebt haben. Und wer jetzt für einige Zeit in Emmis Stall schlafen wird …

 

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Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 1. Dezember – Die Vorbereitungen beginnen

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 2. Dezember – In der Backstube

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 3. Dezember – Das Wunder der Musik

Unsere Adventskalendergeschichte 2022: 4. Dezember – Zweiter Advent

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Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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