Kleidersammlung: Eine Tastgeschichte mit Stoffen
Für diese Geschichte zum Vorlesen und zum Anregen der Wahrnehmung, benötigen Sie Stoffreste, die die Senioren während der Geschichte befühlen und betasten können. Geben Sie den Zuhörern an den fettgedruckten Stellen den entsprechenden Stoff in die Hand. Machen Sie an diesen Stellen eine kleine Pause.
Kleidersammlung
Als Günter nach Hause kommt findet er einen Zettel an seiner Haustür. Die örtliche Kirchengemeinde veranstaltet eine große Kleidersammlung. Bei der Kleidersammlung kann man sich sicher sein, dass die Jacken, Hosen, Mäntel und Hemden auch wirklich bei den Menschen, die Hilfe benötigen, ankommen. Gut gelaunt läuft er zu seiner Frau Karin und erzählt ihr von dem Zettel “Da haben wir doch bestimmt das ein oder andere Kleidungsstück, das wir aussortieren können, oder?”, fragt Günter. “Natürlich”, lacht Karin. „Wenn ich mir deinen Bauchumfang so angucke, haben wir auch ein paar mehr Kleidungsstücke.” Günter guckt ein bisschen verdattert auf seine Körpermitte, lacht dann aber auch.
Zusammen setzen sie sich ins Schlafzimmer vor ihren Kleiderschrank und begutachten den Inhalt. Karin kramt einen alten, weichen und flauschigen Mantel aus Kunstfell heraus und lässt ihre Finger langsam über den Kragen gleiten “Schau mal, den hatte ich schon mindestens seit 7 Jahren nicht mehr an.” Den Mantel tut Karin in eine extra für diesen Zweck bereitgestellte Kiste. Günter hat derweil ein altes Satinhemd mit Blumenmuster in der Hand. Auch er lässt seine Finger über den glatten, anschmiegsamen Stoff gleiten “Guck mal, ist das nicht zu schade für die Kleidersammlung?” fragt er und hält sich das Hemd vor den Oberkörper “Na ja, das Hemd war vor 20 Jahren mal modern. Das kannst du allerhöchstens noch Karneval anziehen. Tu es mal lieber weg!” Also lässt auch Günter seinen Fund in der Kleiderkiste verschwinden.
Karin zieht einen Kaschmirpullover aus der hinteren Ecke ihrer Schrankhälfte. Der Pulli ist das weichste und gemütlichste Kleidungsstück, das Karin je besessen hat. Er passt zwar nicht mehr, doch Karin bringt es nicht über das Herz den flauschig, wollenen Pullover auszusortieren. Weniger Gnade hat sie mit der Cordhose, die Günter ihr zwei Sekunden später in die Hände drückt. Sie fährt einmal mit der flachen Hand über die dicken Längsrippen der Hose und sagt bestimmt “die kann auch in die Kiste für die Kleidersammlung!” Dann haben sie es fast geschafft. Als letztes Stück für die Kleiderkiste, zieht Karin eine alte Lederjacke aus dem Schrank. Die Jacke hat sie früher sehr gerne getragen. Heute ist sie ihr leider zu eng geworden und modisch ist das gute Stück auch schon lange nicht mehr. Die Jacke fühlt sich weich und ein bisschen kühl an und als Karin die Jacke noch ein letztes Mal in beide Händen nimmt, um sie ausgiebig zu betrachten, spürt sie, dass das Leder eine leicht unregelmäßige Struktur hat.
Günter verschließt die Kleiderkiste und bringt sie vor der Haustür. Es fühlt sich gut an einmal ausgemistet zu haben. Noch schöner ist es, dass die Kleidung für einen guten Zweck gesammelt wird.
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