Die Köpfchen der Gänseblümchen

Eine Kurzgeschichte aus dem Alltag

In dieser Kurzgeschichte zum Vorlesen geht es um zarte Gänseblümchen und Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit in der Kindheit. Bringen Sie, wenn möglich, ein paar Gänseblümchen zum Anschauen und Anfassen für die zuhörenden Senioren mit.

Wenn ich mich an die Lieblingsblumen meiner Kindheit zurück erinnere, fallen mir als erstes die Gänseblümchen ein, die in unserem Garten standen. Ich mochte es sehr, im Sommer mit meinen nackten Füßen über die Wiese zu laufen und mich von den kleinen, weichen Blüten kitzeln zu lassen.
Oft setzte ich mich auch ins Gras und streichelte die Blumen sanft mit meinen Fußsohlen.
Und mich erfreute ihr Anblick. Wenn ich so dasaß und beobachtete, wie sich die Grashalme mit dem Wind hin und her bewegten, zählte ich oft die weißen Köpfe, die zwischendurch aufblitzten. Wirklich alle Gänseblümchen auf einmal zu zählen, habe ich aber nie geschafft. Dafür waren es einfach zu viele. Manchmal nahm ich mir mein kleines roséfarbenes Notizbuch mit nach draußen und schrieb auf, wie viele Blumen ich hier und da gezählt hatte. Damit füllten sich im Sommer einige Seiten…
Wenn meine Freundin Anna zu Besuch war bastelten wir oft Ketten oder kleine Krönchen aus den Gänseblümchen. Manchmal wurden es auch lange Girlanden, die wir dann an die Zweige des großen Apfelbaumes in unserem Garten hingen. Für die Ketten pflückten wir zuerst viele Gänseblümchen von der Wiese. Dann musste man vorsichtig mit dem Fingernagel ein Loch in den Stiel piksen und die nächste Blumen bis zu ihrem Kopf hindurch ziehen. Dann bekam die nächste Blumen ein Loch, in das man wieder die Nächste durchsteckte. So ging es weiter und weiter…
Anna und ich nahmen uns oft vor, an einem Tag alle Gänseblümchen zu Ketten und Krönchen zu verarbeiten. Ich muss aber leider sagen, das gelang uns nie! Es waren einfach viel zu viele Blumen auf der Wiese. Nach einiger Zeit und fleißig getaner Arbeit setzten wir uns dann einfach in das frische Gras, aßen frische Äpfel und streichelten die Köpfe der Gänseblümchen mit unseren Fußsohlen.
Was mich immer sehr verärgerte – und daran erinnere ich mich heute noch genau – war, wenn mein Vater den Rasenmäher holte, und die Wiese kurz schnitt. Ich war jedes mal so traurig und Anna und ich wussten an diesen Tagen oft nicht, was wir unternehmen sollten. Mein Vater tröstete mich immer, indem er über meinen Kopf streichelte und sagte, sie seien ja in zwei Tagen wieder da. Und er hatte wirklich immer recht. Zwei Tage nach dem Rasenmähen streckten uns die Gänseblümchen wieder ihre Köpfe entgegen.
Anna und ich konnten es morgens in der Schule gar nicht erwarten, nach Hause in unseren Garten zu kommen und die Gänseblümchen wieder zu begrüßen…



 

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Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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