Die Handarbeitsrunde – Eine Alltagsgeschichte für Senioren

Gesellige Nachmittage mit regen Gesprächen tun gut. Und wenn dabei noch gehandarbeitet wird, dann macht so ein gemeinsam verbrachter Nachmittag doch noch mehr Spaß. “Die Handarbeitsrunde” ist eine Kurzgeschichte aus dem Alltag zum Selbst- oder Vorlesen für Senioren.

 



Die Handarbeitsrunde

 

Es war Dienstagnachmittag und die Handarbeitsgruppe des Frauenvereins traf sich zum gemeinsamen Werkeln im Gemeindehaus.

Die Seniorinnen freuten sich immer sehr auf diese gesellige Runde, denn für manche war es die einzige Gelegenheit, sich mit anderen Frauen zu treffen.

„Hallo! Hört Ihr mal?“, rief Ilse, „ich habe ein neues paar Strümpfe angefangen und hab doch glatt meine fünfte Nadel zu Hause vergessen. Hat jemand von euch zufällig eine Nadel Größe 2 dabei?“

„Nein!“, „Nö, habe ich nicht.“, „Nein, leider nicht, Ilse, das tut mir Leid!“ kamen als Antworten zurück. „Ich schau mal in unserem Schrank nach, Frau Müller“, sprach die Pastorin, die den Handarbeitskreis organisierte, „hier findet sich bestimmt noch ein Strickspiel in Größe 2.“

„Habt ihr eigentlich gehört, dass die Frau Schmidt aus der Bahnhofstraße wieder aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen ist?“, fragte Lisa, die eine Ostertischdecke mit bunten Eiern und Hasen bestickte. „Ach, die Frau Schmidt? War die nicht gestürzt?“, fragte Beate. “Ja, genau. Es geht ihr wohl viel besser!”, entgegnete Lisa. “Ach das freut mich!”, Beate hielt einen Augenblick inne. Das war eine gute Nachricht. Natürlich wurde bei diesen Treffen auch allerlei Neuigkeiten ausgetauscht.

Nach einer kurzen Pause sagte Beate: „Dann werde ich nachher mal bei ihr vorbeischauen und nach dem rechten sehen. Über ein Blümchen und ein paar nette Worte freut sie sich bestimmt nach der langen Zeit fernab der Heimat.” Die anderen nickten zustimmend. “Ach, da könnte ich eigentlich mitkommen. Wir haben uns ja ewig schon nicht mehr gesehen!”, Ilse fand das eine gute Idee und wollte gleich noch ein paar Pralinen besorgen.

„So, meine Lieben, machen Sie jetzt erst einmal eine Pause und greifen Sie zu“, die Pastorin stellte einen Marmorkuchen auf den Tisch und schenkte Kaffee ein. „Haben Sie schon gehört? In dem großen Haus, das in der Stadt gebaut wird, entstehen neue Wohnungen mit betreuten Senioren-Wohngemeinschaften. Das ist doch eine schöne Idee!“, erzählte die Pastorin und holte neue Dosenmilch aus der Küche. Während der Kaffeepause wurden Strickmuster ausgetauscht und rege über die Vorzüge verschiedener Wollarten und Stickgarne diskutiert.

Nachdem sich die Damen gestärkt hatten, wurden die Handarbeiten und die Gespräche wieder aufgenommen. „Die Arztpraxis vom Doktor Müller macht ja auch bald zu“, wusste Erika zu berichten. „Was?“, rief Inge entsetzt und ließ ihre Häkelnadel fallen. „Der auch noch? Dann muss ich mir ja schon wieder einen neuen Hausarzt suchen und die nehmen doch alle keine neuen Patienten auf.” Sie machte eine kurze Pause. “Das ist für mich einfach sehr umständlich. Ich muss doch regelmäßig zur Blutabnahme wegen des Blutverdünners. Soll ich dann alle paar Tage mit dem Bus dahinfahren?“

„Ach, das ist bestimmt nicht nötig“, wandte die Pastorin ein, „so wie ich gehört habe, soll sogar eine neue Arztpraxis im Erdgeschoss des neuen Hauses mit den Senioren-Wohngemeinschaften eingerichtet werden.“ Das freute die Damen und sie spekulierten, welcher Doktor sich dort wohl niederlassen würde. Auch Inge sah sichtlich erleichtert aus. Nach der Handarbeitsrunde gingen die Frauen zufrieden nach Hause und freuten sich schon auf die nächste Zusammenkunft und die Gespräche.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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