Der Gemüsegarten. Eine kostenlose Alltagsgeschichte
Früher hatte man im Sommer viel Arbeit mit dem Gemüsegarten. In Urlaub konnten die Gartenbesitzer nicht fahren. Eine kostenlose Geschichte zum Erinnern für Senioren.
Der Gemüsegarten
Heute sieht man kaum noch richtige Gemüsegärten. Wer einen größeren Garten zur Verfügung hat, legt sich ein Hochbeet für Salat und Erdbeeren an oder stellt eine Kräuterspirale auf. Doch früher wurde hauptsächlich im Garten Gemüse angebaut. Es gab dann noch eine Wiese zum Wäschebleichen, Obstbäume und Beerensträucher und ganz am Rand ein paar Blumenrabatten. Das Gemüse aus dem eigenen Garten ernährte die Familie und deswegen nahmen die Gemüsebeete den größten Platz im Garten ein. Jeder war froh, wenn er wenigstens einen Schrebergarten oder nur ein kleinen grünen Flecken hatte.
Hauptsächlich wurden Kartoffeln angebaut und zwar so viele, dass man mit ihrer Ernte die Familie ein ganzes Jahr lang ernähren konnte. Und es gab fast täglich Kartoffeln zum Mittagessen. Kartoffeln legen, anhäufeln und ernten machte viel Arbeit, aber lohnte sich auf jeden Fall.
Dann gab es im Garten Reihen mit Grünkohl, Porree, Kohlrabi, Möhren, Erbsen, Salat, dicken Bohnen und Stangenbohnen, Kürbissen, Rotkohl, Blumenkohl, Sellerie, Zwiebeln und Spinat. Kräuter wurden an den Beetrand gesät: das waren vor allen Dingen Petersilie und Schnittlauch, aber auch Liebstöckel, das Maggikraut, Majoran und Bohnenkraut.
Von Frühjahr bis Herbst hatte man Arbeit im Garten. Erst musste der Boden umgegraben und bearbeitet werden. Danach überlegte man, wo was hingepflanzt werden sollte. Zum Beispiel konnte man früh eine Reihe mit Spinat pflanzen. Der wurde im späten Frühjahr geerntet und auf seinem Platz folgte dann Porree oder Grünkohl, die bis zum Winter stehen gelassen werden konnten.
Die Beete wurden mit der Pflanzleine ordentlich abgesteckt. Zwischendurch musste man an kleine Wege abtrampeln, damit man auch die Beete abgehen konnte. Dann wurde das Gemüse gepflanzt oder gesät. Immer wieder musste man zwischen den jungen Pflanzen das Unkraut wegzupfen. Gab es nicht genug Regen, musste man gießen. Regnete es zu viel, konnte man Pech haben und die Pflanzen verfaulten.
Im Sommer war das meiste Gemüse erntereif. Jeden Tag wurden die Reihen abgegangen und es wurden zum Beispiel Erbsen und Bohnen geerntet, die dann eingemacht wurden. Das Gemüse wurde in stundenlanger Handarbeit saubergemacht – ich denke da vor allen Dingen an die Schnippelbohnen – und danach abgekocht und in die Weckgläser eingemacht. Die Weckgläser mussten ordentlich sauber sein und es durfte auch nicht an Gummiringen fehlen. Jeden Tag im Sommer wurde Gemüse eingemacht. Auf dem Herd stand der große Einmachtopf und Dampfschwaden füllten die Küche aus. Wenn es dann noch schwül und heiß war, war das Einmachen echte Schweißarbeit.
Jeden Tag füllten mehr und mehr Gläser die Keller- und Vorratsregale. Das war ein sehr beruhigender Anblick für das Familienoberhaupt. Im Oktober wurden dann die Kartoffeln ausgemacht und im November standen höchstens noch ein paar Stangen Porree und ein paar Grünkohlpflanzen im Garten. Bevor der Winter begann wurde der Garten wieder umgegraben und gedüngt. Dazu nahm man den Kompost, der zu jedem Gemüsegarten dazugehörte.
Ich kann mich erinnern, dass wir früher nie Gemüse gekauft haben. Das, was wir brauchten, kam alles aus dem eigenen Garten. Und wenn ich mich so erinnere, schmeckte das eigene Gemüse auch viel besser als jetzt das gekaufte.