Wie Düfte unser Leben prägen …

Susanna Färber im Gespräch

 

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Hallo Frau Färber, stellen Sie sich doch bitte kurz vor.
Sie haben sich in Ihrer Laufbahn irgendwann dafür entschieden, sich auf die Arbeit mit Düften zu spezialisieren. Wie und wann kam es dazu?
Guten Tag, solange ich zurück denken kann, haben Düfte in meinem Leben immer eine Rolle gespielt. Schon als Kind lässt man sich automatisch von seiner Nase leiten und entscheidet ganz spontan ob man andere Menschen riechen mag oder nicht. Je mehr man in der Natur lebt, desto intensiver erlebt man das, beispielsweise der Duft von Lavendel und Rosen im Garten meiner Mutter hatte für mich immer etwas entspanntes und erinnert mich noch heute an meine Kindheit.
In der anstrengenden Zeit des Pharmazie Studiums war immer ein Motivationsmotor, mehr über die Eigenschaften und Wirkungen der Pflanzen zu erfahren. Gegen Ende des Studiums öffnete mir eine freiwillige Vorlesung über Aromatherapie die Türe zu einem für mich besonders spannenden Bereich der Pflanzenheilkunde.
Heute gebe ich mit großer Freude mein Wissen in verschiedensten Seminaren rund um die Aromatherapie an Apothekenmitarbeiter und anderes Fachpersonal weiter. Auch in meinem Alltag in einer öffentlichen Apotheke fließen meine Erfahrungen in diesem Bereich in die Beratungsgespräche ein und bereichern diese Tag für Tag. Als Vorsitzende der Akademie der Düfte engagiere ich mich vor allem um die seriöse Wissensvermittlung und den verantwortungsvollen Umgang mit den ätherischen Ölen. www.duftakademie.de

 

 

Warum sind Düfte in unserem Leben so wichtig und prägend?
Düfte gelangen aus der Raumluft in Bruchteilen von Sekunden ins Gehirn und können dort sehr effektiv Stimmungen beeinflussen. Sie tun das auch ohne das Wissen, was einzelne Düfte bewirken können. Düfte sind in unserem Alltag allgegenwärtig und es ist gut, mehr über sie zu wissen, um ihre Wirkungen gezielt einsetzen zu können. Viele unserer Entscheidungen im menschlichen Zusammenleben lenkt unsere Nase ganz automatisch mit, nicht umsonst kennen wir die Sätze “sie können sich gut riechen” oder aber “seine Nase passt mir nicht”! Sympathie und Antipathie werden vor allem durch unser Riechorgan gesteuert, was auch in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen wurde. Das Riechen spielt immer wieder eine ganz entscheidende Rolle, nicht nur bei der Partnerwahl, sondern auch bei der Empfängnis, bei der der Duft von Maiglöckchen die natürlichen Vorgänge unterstützt. Buchtipp Hanns Hatt: „Das Maiglöckchenphänomen“

 

 

Die Aromatherapie wird immer öfter im Bereich der Geriatrie angewandt. Können Sie beschreiben, wie sie dort eingesetzt wird?
Das Besondere an Düften ist, dass die Erinnerung an sie besonders gut ist und meist Jahrzehnte lang in unserem Gehirn gespeichert wird. Gerüche begleiten uns unser Leben lang und gerade bei älteren Menschen wecken sie oft positive Erinnerungen. Beispielsweise der Duft von Zimt und Nelke erinnert uns an die Weihnachtszeit. Wenn wir ihn mitten im Sommer riechen, vermittelt er das Gefühl von Geborgenheit und Wärme. Gerade für Menschen, die einsam sind, können solche Düfte oft tröstend wirken.
Der Duft von Orange dagegen vermittelt Freude und Lebendigkeit und wird gerne für Menschen verwendet, deren Lebenslust verloren gegangen ist. Orange harmonisiert, baut auf und wird gern auch bei Appetitlosigkeit benutzt.
Viele Düfte werden in der Geriatrie als Raumduft verwendet, um Stimmungen zu beeinflussen: Themen sind beispielsweise:
Konzentration und Aufmerksamkeit, Motivation und Lebendigkeit, Harmonie und Ruhe, Stärke und Ausdauer.
Auch wenn der Geruch in Räumen mal nicht so angenehm ist, was gerade im Bereich der Pflege durchaus häufiger auftritt, gibt es Düfte, die die Raumluft reinigen und verbessern. Hierfür sind frische Düfte geeignet, wie beispielsweise der Duft von Lemongras und Zitrone zusammen mit herben Nadeldüften wie Zeder, Fichte oder Zirbelkiefer.
Darüber hinaus gibt es auch viele Düfte mit besonders pflegende Eigenschaften auf die Haut, sie werden in Aromamassageölen, Körperlotionen und Cremes für die besondere Aromapflege eingesetzt, hier sind vor allem Lavendel und Rose wertvolle Öle mit vielseitigen Einsatzgebieten.

 

 

Was können Düfte in uns erreichen, was z.B. Bilder oder Gespräche nicht können?
Düfte und die Erlebnisse mit Düften werden in unserem Gehirn sehr gut und lange gespeichert. Wenn wir an einem Duft riechen, kann es passieren dass wir blitzschnell in lang zurück liegende Stimmungen versetzt werden und ” alte Erinnerungen” auftauchen und sehr lebendig werden. Das funktioniert natürlich auch, wenn wir Bilder betrachten oder über Vergangenes sprechen, aber zusammen mit Düften wirkt das Erinnern oft viel lebendiger. Vielleicht könnte man sagen, das ist wie ein Farbfilm im Vergleich zu Schwarz Weiss Fotos.
In der Geriatrie kann man mit natürlichen Düften Menschen sehr schöne Dufterlebnisse schenken, die sie an glückliche Stunden erinnern. Wer beispielsweise immer gerne viel in der Natur war, das aber wegen Gebrechlichkeit nicht mehr kann, kann sich mit den Düften die Natur in den Wohnraum locken. Der frische Duft von Zitrusdüften beispielsweise kann Urlaubserinnerungen an mediterrane Länder wecken, der Duft von Zirbelkiefer oder Zeder einen Waldspaziergang imitieren und der Duft von Rose kann uns an den eigenen Garten erinnern, in dem man sich wohl gefühlt hat…

 

 

Würden Sie uns ein paar Düfte, ihren Einsatz und ihre Wirkung vorstellen?
Von einigen Beispielen habe ich Ihnen schon erzählt, ich möchte Ihnen hier noch drei ätherische Öle an die Hand geben, die ich besonders gerne empfehle:
Das frisch belebende Öl der Pfefferminze ist bewährt bei Kopfschmerzen, z.B. als Nackenkompresse oder auch vermischt mit etwas Mandelöl auf die Schläfen getupft (1-2 Tropfen in 1 TL Mandelöl oder auch Jojobaöl). Manche empfehlen die pure Anwendung der Pfefferminze auf der Haut, ich bin überzeugter Verfechter von verdünnten Varianten wie sie beispielsweise auch als fertiger “Kopfwohl” Roll on zu finden sind. Die Pfefferminze ist darüber hinaus auch ein sehr gutes Öl, wenn man mal die Nase voll hat: am Besten 1-2 Tropfen auf ein Taschentuch geben und immer wieder daran riechen, das hilft in der Erkältungszeit ganz hervorragend! Für sehr empfindliche Menschen ist für diese Anwendungen das mildere Öl von Ravensara oder Myrte noch besser geeignet!

 

Tipp: Raumduft für die Erkältungszeit:
1 Tropfen Pfefferminze
1 Tropfen Myrte oder Ravensara
3 Tropfen Citrone
3 Tropfen Orange

 

Eines meiner Lieblingsöle ist das kostbare Öl der Orangenblüten, das Neroli Öl. Es ist ein leicht blumiger Duft, der als Balsam für die Seele gilt und wird von Kennern gerne als ” Resche Öl” der Aromatherapie bezeichnet! Es hat sich bewährt in Situationen von Unruhe, Nervosität und Aufregung und wird gleichermaßen geschätzt zur Anwendung in Prüfungssituationen, bei Vorträgen als auch zum ruhiger werden nach einem stressigen Tag. Ältere Menschen lieben diesen Duft meist und benutzen ihn auch gerne als Parfüm – einfach 1-2 Tropfen auf die Haut getupft. Neroliöl passt sehr gut zu Lavendel, dem Klassiker zum Entspannen und Einschlafen und kann pur oder gemischt vor dem Einschlafen aufs Kopfkissen gestrichen werden oder in Massageöl als entspannende Massage verwendet werden.

 

Tipp: entspannende Raumbeduftung für stressige Situationen:
3 Tropfen Neroli 2%
2 Tropfen Lavendel
5 Tropfen Orange
3 Tropfen Tonka

 

Eine Besonderheit, die ich in den letzten Jahren sehr schätzen gelernt habe ist das Tonka Öl. Es wird gewonnen durch Extraktion der Tonkabohnen, die auf tropischen Bäumen beispielsweise in Südamerika wachsen. Der Duft erinnert in seiner Weichheit an Vanille oder Kakao, hat aber eine leichte Mandel Marzipannote die ihn so besonders macht. Der Duft lädt uns ein, zu entspannen und schenkt uns Geborgenheit und Wohlbefinden. Als entspannende Raumbeduftung harmoniert er wunderbar mit Orange, als Massageöl kombiniere ich ihn auch gerne mit der hautpflegenden Rose oder mit Lavendel.

 

Tipp: Hautpflegendes Massageöl zur Entspannung:
10 Tropfen Tonka
10 Tropfen Lavendel
5 Tropfen Rose 2%
Mandelöl oder Aprikosenkernöl 50 ml
Alle Zutaten miteinander mischen und genießen!

 

Tonkaöl ist übrigens auch ein wundervoller Duft für die Aromaküche, ich gebe ihn gerne an Desserts, Gebäck oder Tee, selbstverständlich nur in zertifizierter Lebensmittelqualität.
Es gibt so viele Beispiele, wie man mit natürlichen Düften unseren Alltag bereichern kann, wichtig ist aber immer, dass Sie sich vergewissern, ob die von Ihnen gewählten Öle für die Anwendung geeignet sind, gut verträglich sind und in einer sinnvollen Dosierung eingesetzt werden. Als seriöse und gut verständliche Literatur empfehle ich gerne das Lexikon der Düfte von Axel Meyer!

 

 

Können Sie vielleicht eine kleine Anekdote oder Geschichte erzählen, die verdeutlicht, was Sie mit Ihrer Arbeit erreichen können?
Ich kann mich noch sehr gut an meinen ersten Vortrag über Aromatherapie in einem Senioren Pflegeheim erinnern. Er richtete sich an das Personal und Angehörige von Heimbewohnern. Eine Teilnehmerin fragte mich, ob das für mich in Ordnung wäre, wenn ihre demente Mutter dabei sitzt, was ich natürlich bejahte. Ich gebe aber ganz offen zu, dass ich erst mal unsicher war, ob das gut klappen würde, weil ich ja noch keinerlei Erfahrungen in diesem Bereich hatte. Ich hielt dann meinen Vortrag und reichte wie immer beduftete Duftstreifen in die Runde. Die Tochter der dementen Frau, ließ auch immer ihre Mutter daran riechen und ich konnte hier ganz live und ungeschminkt beobachten, welche Düfte diese gut fand und welche nicht, ganz ohne Korrektur durch das Bewusste. Auch bei Kindern sind die spontanen Reaktionen noch sehr gut, aber als Erwachsene haben wir alle gelernt, unsere Gefühle zu kontrollieren, deshalb kaschieren wir oft unsere wahren Empfindungen zu den Düften.
Wenn es uns aber gelingt, die richtigen Düfte für den jeweiligen Anwendungsbereich oder den jeweiligen Menschen zu finden, kann man oft sehr viel bewegen! Für mich war damals das Strahlen im Gesicht der Mutter, als sie den Duft des Lavendels eingeatmet hat eine richtige Belohnung, weil ich das Gefühl hatte, ihr den richtigen Duft “geschenkt” zu haben.

 

 

Was wünschen Sie sich von der Zukunft?
Bei meiner Arbeit mit den Düften begegnet mir häufig großes Interesse, ich werde aber oft auch mit viel Unwissenheit konfrontiert. Vor allem, wenn es um das Thema Qualität geht, meinen viele, dass Duft gleich Duft ist. All die Eigenschaften und Wirkungen entfalten aber nur 100 % naturreine ätherische Öle von einem seriösen Hersteller. Es ist viel billiger, die Düfte aus synthetischen Rohstoffen wie Erdöl zu gewinnen, wie das beispielsweise bei Parfüms und vielen duftenden Produkten der Fall ist. Auch das Strecken von Naturprodukten mit synthetischen Zusätzen ist gängige Praxis, die Qualität kommt aber einfach nicht an die wirklich echten Originale ran, auch im Hinblick auf die meist sehr gute Verträglichkeit der Naturdüfte.
Ich würde mir wünschen, dass immer mehr Menschen diesen Unterschied sehen und sich nicht mehr blind von der Industrie an der Nase herum führen lassen! Die Auswahl der Düfte sollte im Hinblick auf die Erhaltung unserer herrlichen Natur am besten aus kontrolliert biologischem Anbau stammen und gewährleisten, dass die Bauern soziale Gerechtigkeit und einen fairen Lohn erhalten.

 

 

Herzlichen Dank, Frau Färber!!!

 

 

Zur Internetseite: www.taoasis.com

 

Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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Eine Antwort

  1. Sabrina Beusch sagt:

    Guten Tag,

    Ich habe gerade Ihren Artikel gelesen und finde ihn sehr ansprechend. Ich bin gerade in der Ausbildung zur Ergotherapeutin im ersten Jahr und werde in dem Fach Wissenschaftliches Arbeiten eine Facharbeit schreiben zum Thema: Aromoatherapie in der Geriatrie bei Morbus Alzheimer.

    Haben Sie für mich einen Buchtipp, Zeitschrift oder eine Internetseite, wo ich zu diesem Thema etwas finde? Ich muss dieses Thema kritisch hinterfragen.
    Danke! Freundlichem Gruß und eine gute Woche

    Sabrina Beusch

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