Der Drachen. Eine Alltagsgeschichte

Können sich die Senioren noch daran erinnern, wie sie als Kinder einen Drachen steigen ließen? Eine Geschichte zum Vorlesen für Senioren.

Der Drachen

Ein besonderes Vergnügen war es früher – und ist es heute noch immer – wenn man im Herbstwind einen Drachen steigen lassen kann. Und natürlich macht es besonders viel Spaß, wenn man den Drachen selber baut. Dazu legt man aus dünnen Hölzern ein Kreuz und wickelt Schnur um die Mitte. Aus Pergamentpapier wird eine Drachenform geschnitten, bunt angemalt und mit Leim auf das Holzkreuz geklebt. Dann bekommt der Drache einen Schwanz aus bunten Krepppapierstreifen. Zum Schluss wird noch eine lange Schnur am Holzkreuz befestigt und am besten um ein Stück Holz gewickelt, so dass sie sich gut abwickeln lässt, wenn der Drachen in die Luft steigt.



Am frühen Nachmittag, wenn die Hausaufgaben beendet sind, treffen sich die Kinder mit ihren Drachen auf dem abgeernteten Stoppelfeld oder auf der Wiese. Das Wetter muss passend sein: Wind, aber nicht zu viel Wind. Und wenn dazu noch die Sonne scheint, leuchten die bunten Drachen am blauen Himmel. Die Drachen der anderen werden begutachtet: welcher ist der schönste? Die Entscheidung fällt schwer, denn alle Drachen sehen toll aus. Der eine ist blau und lächelt breit. Der andere ist grün angemalt und schaut grimmig. Der dritte hat eine rote Nase und der vierte hat gelbe Papierohren.

So, nun geht es darum, den Drachen in die Luft zu bringen. Ein Kind hält die Schnur und ein anderes rennt mit dem Drachen los. Dabei ist es wichtig, auf den Wind zu achten und den richtigen Moment abzupassen, wenn eine Böe kommt und den Drachen erfasst. Jetzt kommt es darauf an, dem Drachen Schnur zu geben, aber nicht zu viel. Manchmal braucht man mehrere Versuche, bis der Drachen in den Himmel steigt. Wunderschön sehen dann die bunten Drachen aus, die weit oben in der Luft am blauen Himmel tanzen. Am liebsten wäre man dann selber dort oben in der Luft und würde vom Herbstwind sachte geschaukelt.

Wird es dunkel, werden die Drachen langsam wieder eingeholt. Peu à peu wird die Drachenschnur aufgerollt und der Drachen vorsichtig zurück zur Erde geholt, damit er ja nicht plötzlich abstürzt und kaputt geht. Glücklich gehen die Kinder mit ihren Drachen nach Hause. Morgen treffen sie sich wieder hier auf dem Feld mit ihren Drachen.

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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