Das Weinfest. Eine Hoffnungsgeschichte
Im Herbst finden in den Weinanbaugebieten die Weinfeste statt. Manchmal werden auch Weinköniginnen gewählt. Eine Hoffnungsgeschichte für Senioren
Das Weinfest
Ursel und Georg saßen in der Gastschänke einer Weinkellerei und probierten verschiedene Weine. Die Stimmung wurde bei jedem Glas etwas fröhlicher und Georg, der sonst eher der ruhige Typ war, sprach angeregt mit seinem Sitznachbarn. Ursel freute sich über dieses Wochenende an der Mosel.
Die Kinder hatten ihnen diese Reise zur goldenen Hochzeit geschenkt und sie tat den Eheleuten sichtlich gut. Ursel hatte eine Knie-OP hinter sich, die sie lange außer Gefecht gesetzt hatte. Trotz Reha und vielen Übungen, brauchte es doch ein halbes Jahr bis sie wieder richtig laufen konnte. Ihr Haushalt litt darunter – die Tochter kam zwar ab und zu um ihr zu helfen – aber Ursel wollte gar nicht wissen, wo überall der Staub lag. Und dann hockten sie und Georg ständig beieinander – und das war auch nicht so einfach. Seit ihr Mann in Rente war, konnte er oftmals nichts mit sich anfangen. Er wurde dann mürrisch und nörgelte an allem herum. Handwerklich war er nicht so begabt und außer Lesen und Musikhören hatte er keine Hobbys.
Jetzt wandte er sich zu seiner Frau um und meinte aufgeregt: „Du, der Hans hier neben mir, der erzählt gerade davon, dass er einen Bürgerbus fährt, seit er in Rente ist. Das wäre eine sinnvolle Aufgabe, mache ihm Spaß und er treffe auch immer nette Leute. Bei uns in der Stadt gibt es doch einen Bürgerbus, ich glaube, ich frage mal, ob die noch jemanden gebrauchen können.“ Ursel hatte ihren Mann selten so enthusiastisch erlebt. Ob es wohl am Wein lag? Aber die Idee hatte schon was für sich. Georg fuhr sehr umsichtig Auto, also warum nicht auch Bürgerbus?
Der Wirt, der den Wein vorstellte und moderierte, sprach nun ins Mikrophon: „Heute Abend wollen wir auch eine Weinkönigin wählen. Ich hoffe, alle Damen machen mit. Bitte schreiben Sie ihren Vornamen auf einen Zettel, den ihnen die netten Kellnerinnen austeilen, und dann wird per Los entschieden.“ Immer noch in Gedanken füllte Ursel den Zettel aus und legte ihn in den Topf. Es gab einen Tusch und alle waren still als der Wirt den Zettel mit dem Namen der Weinkönigin zog. Er faltete ihn langsam auseinander und las doch tatsächlich Ursels Namen vor. Er schaute sich suchend um, aber keine andere Ursel stand auf. „Mensch Ursel, du bist die Weinkönigin!“, stupste Georg sie an. Ursel stand zögernd auf und ging nach vorne. Applaus setzte ein und sie konnte es gar nicht glauben. Der Wirt schüttelte ihre Hand, ihr wurde ein Kranz aus Weinlaub aufgesetzt und sie erhielt einen Präsentkorb mit Weinflaschen, Trauben und Käse. Sie freute sich sehr. Als sie sich setzte, flüsterte Georg ihr ins Ohr: „Du warst immer schon meine Königin.“
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