Adventskalender-Geschichten 2019 – 4. Dezember: Der kleine Esel… und die Stille

Der kleine Esel wurde an diesem Morgen früh geweckt. Zuerst wusste er gar nicht, wie ihm geschah. Ein Rattern und Klappern dröhnte durch die Stalltür zu ihm herein. Verschlafen stand er auf und schaute durch einen Spalt in der Stallwand hinaus auf den Hof.
Die Maschinen wurden gerade herausgefahren, der Traktor zu allererst. Die Kinder und alle Erwachsenen hatten Besen und Eimer in den Händen und fegten fleißig. Mit der Ladegabel des Traktors wurde Holz umgeladen und eine Maschine mit einem dicken, kräftigen Wasserstrahl säuberte die Fahrzeuge und Geräte, die der Bauer den Frühling, Sommer und Herbst auf dem Feld gebraucht hatte.
Der kleine Esel schaute sich das Geschehen einen Moment lang an. Er spürte, dass er unruhig wurde, die Geräusche waren allesamt sehr laut. Er hatte sie schon so oft gehört – und nie hatten sie ihm etwas ausgemacht. Warum empfand er sie nun als so unangenehm?
Er überlegte kurz. Warum auch immer, heute mochte er diese lauten Töne überhaupt nicht. Er fasste sich ein Herz und ging vor die Tür. Vorsichtig schaute er nach links und nach rechts und trabte dann langsam in Richtung des Waldes. Mit jedem Schritt wurden die Geräusche leiser. Der kleine Esel spürte, wie er sich langsam entspannte. Er atmete tief durch.
Im Wald war es still. Vereinzelt nahm er zwischendurch noch ein Klopfen vom Hof wahr. Ansonsten hörte man nur, wie das Laub unter seinen Füßen raschelte oder sich ein paar Äste bewegten. Einmal huschte ein Eichhörnchen vor ihm quer über den Waldboden. Es schaute ihn kurz an und flitzte dann weiter zwischen den Bäumen hindurch in den tiefen Wald. Der kleine Esel lächelte. Das kleine Tier mit dem buschigen Schwanz schien es eilig zu haben.
Er atmete die frische Waldluft ein. Es war dort kälter als auf dem Hof aber die Luft roch viel klarer und frischer. Die Stille tat ihm gut. Der kleine Esel vergaß den Trubel auf dem Hof und spazierte einfach entspannt den schmalen Weg durch den Wald entlang.
Nach einer Weile hörte er einen Bach plätschern. Das gleichmäßige Rauschen empfand er als sehr angenehm. Er folgte dem Geräusch und kam schließlich an dem schmalen Wasserlauf an. Ganz ruhig bahnte es sich seinen Weg durch die Steine hindurch. Ohne Hast und ganz gleichmäßig…
Der kleine Esel blieb stehen, atmete tief ein und aus und beobachtete das Wasser. Er spürte, wie die Anspannung des Morgens verflogen war. In ihm breitete sich eine angenehme Ruhe und Zufriedenheit aus, die er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Er genoss diesen Moment sehr. Und so war es auch erst am frühen Nachmittag, als er den Waldweg gemütlich zurück in Richtung Hof trabte.
Auch dort war es mittlerweile still geworden. Im Fenster brannte eine Kerze. Alles sah wieder sehr friedlich aus…

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Diese Adventskalender-Geschichten vom kleinen Esel sind 2019 schon erschienen:

1. Dezember: Der kleine Esel… und das Kerzenlicht
2. Dezember: Der kleine Esel… und die Zeit
3. Dezember: Der kleine Esel… und der Plätzchenduft

Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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