Großwohnsiedlung. Eine Geschichte aus den 60zigern

In den 60ziger Jahren entstanden Trabantenstädte um die Wohnungsnot zu lindern. Eine Geschichte für Senioren

Großwohnsiedlung

Nach den Kriegsjahren herrschte in Deutschland große Wohnungsnot. Diese entstand nicht nur allein dadurch, dass viele Städte, Häuser und Wohnungen zerstört waren, es kam auch noch eine größere Bevölkerungsdichte durch die Vertriebenen und Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und eine höhere Geburtenrate hinzu. Weitere Probleme waren die Landflucht – in den Städten gab es mehr Arbeit – und ein größerer Bedarf an Wohnfläche pro Person.



In der Bundesrepublik sollte der soziale Wohnungsbau gefördert werden. Die Mieten sollten bezahlbar und Größe und Ausstattung komfortabel sein. In die neuentstandenen Siedlungen zogen Familien der Mittelschicht ein. In den Altbauten wohnten Studenten, sozial Schwache und ältere Bürger. In den achtziger Jahren sollte sich das ändern. Ab dann wurden die Großwohnsiedlungen zu sozialen Brennpunkten , da einkommensschwache und arbeitslose Bürger in die Sozialwohnungen einzogen. Die Mittelschicht zog in den achtziger Jahren in Eigenheime am Ortsrand.

Die Mietskasernen verschwanden und die Architekten planten Gartenstädte. Zwischen den Hochhäusern sollten großzügige Grünflächen entstehen. In Westdeutschland wurde auf herkömmliche Weise gebaut, während in Ostdeutschland im sogenannten Plattenbauverfahren gebaut wurde. In der DDR entstanden „auf der grünen Wiese“ neben den Wohnsiedlungen industrielle Großbetriebe und Einrichtungen der Landesverteidigung. Der Wohnungsbau im Osten war auch politisch motiviert: „Schaffung gleicher Lebensbedingungen“ für den sozialistischen Staat.
In Ostdeutschland waren eine Wohnung in einer Großwohnsiedlung das Objekt der Begierde. Die Wohnungen waren mit Warmwasser und Heizung ausgestattet, nicht so wie in den Altbauten. Man musste sich in einer Liste eintragen lassen und manchmal jahrelang auf die Zuteilung einer Wohnung warten.

Bekannte Großraumsiedlungen sind in Westdeutschland Köln-Chorweiler mit ca. 20.000 Wohneinheiten, München Neuperlach mit 24.000 Wohneinheiten und natürlich Berlin mit Hellersdorf, Lichtenberg und Marzahn mit sogar 58.200 Wohnungen und ca. 100.000 Einwohnern.
In Ostdeutschland ist die größte Großwohnsiedlung Halle-Neustadt mit 40.550 Wohneinheiten, gefolgt von Leipzig Grünau mit 38.545 und Chemnitz Fritz-Heckert-Gebiet mit 31.306 Wohneinheiten.
Der soziale Wohnungsbau ist in Verruf gekommen. Das Ideal, das mit dem Bau der Großwohnsiedlungen einherging, ist nicht mehr erfüllt. Bürger aus den Vorstädten mit Eigenheim kennen selten jemanden aus einer Hochhaussiedlung. Menschen mit dieser Adresse werden heute sozial stigmatisiert. Doch eigentlich war der soziale Wohnungsbau eine gute Idee und in den heutigen Zeiten, in denen wieder Wohnknappheit herrscht, wäre er auch wieder willkommen.

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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