Schuhe putzen. Eine kostenlose Alltagsgeschichte

Die Schuhe wurden früher regelmäßig geputzt, nicht nur am Vorabend des Nikolaustages. Lesen Sie diese Alltagsgeschichte Ihren Senioren vor, sie werden sich erinnern.

Schuhe putzen

Bei uns zu Hause war es früher üblich, dass die dreckigen Schuhe bzw. die Schuhe, die geputzt werden mussten, auf die Kellertreppe gestellt wurden. Wir Kinder mussten natürlich früher auch im Haushalt mithelfen und da ich die jüngste war, musste ich das Schuheputzen übernehmen, da das Schuheputzen keine schwere Arbeit war.



Spätestens samstags Nachmittag musste diese Arbeit erledigt werden, denn die Schuhe mussten am nächsten Tag blitzblank sauber sein. Entweder zogen wir die guten Schuhe zum Kirchgang an oder zum Sonntagsspaziergang. Da ging es natürlich gar nicht, dass die Schuhe fleckig waren, wenn man ansonsten seinen Sonntagsstaat trug. Aber auch die Alltagsschuhe mussten ordentlich am Samstag geputzt werden, denn am Montag fing eine neue Woche an und niemand wollte schon am Wochenanfang dreckige Schuhe haben.

Früher kam der Pflege der Schuhe mehr Bedeutung zu, da gute Lederschuhe teuer waren und gut verarbeitet und bequem sein mussten. Man ging mehr zu Fuß und die Schuhe wurden zur Reparatur zum Schuster gebracht, so dass sie jahrelang hielten.

Das Schuheputzen ist aber schon eine kleine Wissenschaft für sich: Früher hatte man durchweg Lederschuhe, selten auch Wildlederschuhe oder Lackschuhe. Waren die Lederschuhe sehr verschmutzt, nahm man die Bürste für den groben Dreck und bürstete die Schuhe gründlich sauber. Die Bürsten, Lappen, Schuhcremes und Reserveschnürsenkel wurden ordentlich in einem altem Schuhkarton aufbewahrt. Ich hatte mir immer eine alte Zeitung auf den Boden gelegt, auf die dann der Dreck fiel und die ich später wegwerfen konnte. Waren die Schuhe richtig sauber – manchmal hatte ich keine Lust und hab nicht so gründlich gebürstet, dann hat meine Mutter geschimpft – dann wurde passend zur Schuhfarbe die Schuhcreme aufgetragen. Das ging natürlich nur bei glattem Leder. Eigentlich gab es nur schwarze oder braune Schuhe und entsprechend dann schwarze oder braune Schuhcreme. Mit einem alten Lappen für die jeweilige Farbe wurde die Creme schön auf den Schuh verteilt und eingerieben. Danach nahm man dann die feine Bürste – auch passend zur Farbe – und bürstete die Schuhe blank. Wildlederschuhe durften natürlich nicht eingecremt werden und bürsten durfte man sie auch nicht zu doll. Lackschuhe konnten etwas Schuhcreme vertragen, aber wirklich nur etwas und wurden mit einem Lappen blankgerieben. Auch musste ich darauf achten, ob die Schnürsenkel eventuell schon dünn waren und reißen könnten, dann musste ich auch noch neue Schnürsenkel einziehen oder Mama sagen, dass wir neue Schnürsenkel brauchten. Im Winter wurden die Schuhe mit farblosem Wachs eingerieben, das imprägnierte die Schuhe gegen Nässe, denn Schuhspray gab es, als ich klein war, noch nicht.

Bei einer fünfköpfigen Familie mit jeweils mindestens zwei Paar Schuhen hatte ich dann immer ganz schön zu tun. Nicht immer hatte ich Lust, diese Arbeit auszuführen und meine Mutter musste ab und zu schimpfen, wenn ich zu schluderig war. Doch an einem Tag im Jahr hab ich die Schuhe immer gerne geputzt: am Vorabend des Nikolaustages, denn dann stellten wir Kinder unsere Stiefel vor die Tür damit St. Nikolaus etwas hineintat. Und dafür mussten sie natürlich glänzen!

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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