Rechte und Pflichten bei Filmvorführungen in Pflegeeinrichtungen

Ein Interview mit Christine Ehlers von der GVU

 

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Hallo Frau Ehlers, stellen Sie sich doch bitte kurz vor.
Ich bin seit Mitte 2007 für die Öffentlichkeitsarbeit der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e. V. (GVU) verantwortlich. In dieser Funktion mache ich Pressearbeit, beantworte Anfragen von Studierenden und Verbrauchern, organisiere Branchenkongresse und bin verantwortlich für das Erstellen von Publikationen, wie zuletzt dem Kompass für Urheberrechtsschutz im vergangenen Jahr. Mein Ziel ist es, verständlich zu machen, warum es Urheberrechtsschutz gibt, wieso die Verletzung von Urheberrechten ein großes Problem ist und was für Konsequenzen solche Rechtsverletzungen nach sich ziehen können.

 

 

Sie sind Ansprechpartnerin der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU). Was sind die Aufgaben der GVU?
Die GVU ist von ihren Mitgliedern aus der Film-, Unterhaltungssoftware- und Buchbranche mit der Unterstützung des Urheberrechtsschutzes beauftragt. Dazu engagieren wir uns in vier Tätigkeitsfeldern: Prävention, Sanktion, Kommunikation und Interessenvertretung.

Zum Schutz der Urheberrechte, bevor diese verletzt werden, beraten wir unsere Mitglieder beispielsweise in technischen Fragen, wie etwa zum Kopierschutz und forensischen Techniken. Wenn Filme, Spiele oder Bücher bereits illegal verwertet werden, konzentrieren wir uns auf die Anbieter illegaler Kopien, insbesondere diejenigen, die damit Geld verdienen und solche, die die frühesten illegalen Kopien herstellen. Gegen solche Personen tragen wir möglichst viele Hinweise auf deren Identität und die illegalen Aktivitäten zusammen, analysieren diese und stellen auf dieser Basis Strafantrag. Das anschließende Strafverfahren begleiten wir dann mit unseren Erkenntnissen bis zum Abschluss. Für den Bereich der Kommunikation bin ich im Wesentlichen verantwortlich. Die Politikberatung liegt in den Händen unseres Geschäftsführers und zielt darauf, gegenüber Politikern die Strukturen und Funktionsweisen der illegalen Verwertung darzustellen, um auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen aussprechen zu können.

 

 

In Senioreneinrichtungen sind Filmabende oder -nachmittage besonders beliebte Veranstaltungen. Darf man in diesem Rahmen (ohne Eintrittsgelder) beliebig Filme vorführen oder muss man entsprechende Lizenzen dafür erwerben?
Für solche Veranstaltungen ist häufig eine gesonderte Lizenz erforderlich. Denn Filme genießen den Schutz des Urheberrechts, um Kreativschaffenden, wie Drehbuchautoren, Schauspielern, Kameraleuten, Regisseuren, Tontechnikern und vielen anderen an der Herstellung eines solchen Werks Beteiligten ein Einkommen aus ihrer Arbeit zu sichern. Und da sehr viele Personen an der Produktion eines einzelnen Films beteiligt sind, die Produktionszeiten oftmals Jahre dauern und auch die benötigte Technik Geld kostet, sind die entstehenden Kosten in der Regel enorm hoch. Dieses Geld wird von den Produzenten vorgestreckt und soll dann hinterher durch die Vorführung der Filme wieder eingespielt werden. Dabei wird zumeist so kalkuliert, dass Publikumsmagneten – so genannte Blockbuster – auch einen Teil der Kosten für solche Filme mit einspielen sollen, die sich eher an ein Spartenpublikum richten. In die Gewinnzone kommt beispielsweise ein Hollywood-Film dabei häufig erst mehrere Jahre, nachdem er im Kino gezeigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wird ein Großteil der Einnahmen durch die Vermietung und den Verkauf von DVDs oder BluRays, durch legale Online-Angebote und weitere Vorführungen erwirtschaftet. Für solche Verwertungen erteilt die Produktionsfirma dann jeweils unterschiedliche Lizenzen, die auch unterschiedlich viel kosten. Lizenznehmer sind hier die Unternehmen, welche die Filme anbieten. Mit dem Film gibt es dann immer auch eine Lizenz für den Käufer oder Leiher, die bestimmt, für welche Art der Nutzung ihm die Erlaubnis erteilt wurde.
Für Senioreneinrichtungen wird der Urheberrechtsschutz insbesondere dann zum Thema, wenn Filme öffentlich gezeigt werden. Denn die öffentliche Wiedergabe ist gemäß Urheberrechtsgesetz, § 52, Absatz 3, nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der Rechteinhaber zulässig. Öffentlich ist nach diesem Gesetz eine Vorführung, wenn ein unbegrenzter Personenkreis zu dieser zugelassen ist und/oder die Zuschauer nicht durch enge, persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind.
Wenn Mitarbeiter oder die Leitung der Senioreneinrichtung für Bewohner und Bewohnerinnen einen gemeinsamen Filmabend oder -nachmittag im Aufenthaltsraum veranstalten, dann sind in der Regel nicht alle Teilnehmer eng miteinander befreundet oder verwandt. Das Abspielen der DVD ist damit laut Gesetz eine öffentliche Vorführung, für welche die Einrichtung eine gesonderte Erlaubnis einholen muss. Diese Erlaubnis erteilen die Rechteinhaber durch eine entsprechende Lizenz. Da die Vorführung nicht im Kino stattfindet und auch kein Eintrittsgeld genommen wird, handelt es sich in diesem Fall um eine so genannte „nicht-gewerbliche“ Lizenz.

 

 

Wie kann man diese Lizenzen erwerben? An wen müssen wir uns wenden?
Solche nicht-gewerblichen Lizenzen können direkt bei der Verleihfirma des Films eingeholt werden. Das kann allerdings unter Umständen ein wenig mühsam werden, wenn die Filmabende oder -nachmittage regelmäßig stattfinden oder mehrere Filme hintereinander gezeigt werden sollen. Denn das kann bedeuten, dass jedes Mal zu jedem Film der richtige Verleiher angeschrieben und um Erlaubnis gefragt werden muss. Alternativ vermitteln auch Anbieter, wie etwa die MPLC Deutschland GmbH (www.mplc-film.de), nicht-gewerbliche Lizenzen, die dann für ein ganzes Filmpaket über einen längeren Zeitraum gelten.

 

 

Gibt es ein Alter, ab dem Filme lizenzfrei gezeigt werden dürfen?
Wenn die Frage auf das Alter der Menschen im Publikum abzielt, lautet die Antwort: Nein. Aber wenn es um das Alter des Films geht, dann gibt es einen Zeitpunkt, ab dem das Werk „gemeinfrei“ und somit lizenzfrei ist. Das deutsche Urheberrecht schützt Regisseure, Schauspieler, Drehbuchautoren, Kameraleute usw. vor illegalen Kopien und Veröffentlichungen eines Films bis zu 70 Jahre nach dem Tod aller beteiligten Urheber. Und es schützt Filmproduzenten bis zu 50 Jahre nach der ersten Vorführung des Films. Daher gibt es bislang noch keine professionelle Filmproduktion, die in Deutschland schon den Status der Gemeinfreiheit erreicht hat.

 

 

Dürfen Mitarbeiter einem Bewohner/einer Bewohnerin einen Film lizenzfrei ausleihen, so dass dieser den Film, z.B. abends, in seinem Zimmer anschauen kann?
„Lizenzfrei“ ist hier nicht ganz der passende Ausdruck, denn auch eine aus einer Videothek geliehene DVD enthält eine Lizenz, nämlich die Erlaubnis für den privaten Gebrauch. Die Frage, ob für die Vorführung eines Films noch eine zusätzliche Erlaubnis eingeholt werden muss und/oder ob noch Gebühren anfallen, richtet sich danach, ob die Vorführung öffentlich oder privat ist. Wenn ein Mitarbeiter für einen Bewohner oder eine Bewohnerin einen Film ausleiht, damit dieser bzw. diese den Film im eigenen Zimmer anschaut, dann ist das eine erlaubte private Nutzung. Das Gleiche gilt, wenn ein Bewohner oder eine Bewohnerin einen Freund oder eine Freundin aus der Senioreneinrichtung auf das eigene Zimmer für einen gemeinsamen Filmabend einlädt. Denn dann besteht eine persönliche Beziehung zwischen den beiden.

 

 

Herzlichen Dank, Frau Ehlers!!!

 

 

Zur Internetseite: www.gvu.de

Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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