Odin fegt über Wasser und Land – Eine Geschichte zum Monat November

Das Wetter im November ist kalt und grau. Nebel, Regen und Wind bestimmen die Tage und man mag gar nicht nach draußen gehen. Zum Vorlesen für die Senioren haben wir heute eine Geschichte eingestellt, in der dieser Herbstmonat sehr stürmisch daher kommt.

Odin fegt über Wasser und Land

Graue Wolken türmen sich am Horizont auf. Schnell ballen sie sich zu meterhohen grauen Wolkenbergen zusammen. Odin, der Gott des Wetters und des Sturmes, bläst seine Backen auf. Eine dunkle Wolkenwand schiebt sich nun über das Meer.



Das Meer, dass den ganzen Tag ruhig und blau dalag, wird nun zur rauhen See. Das Wasser ist grünlich-grau und wild. Mit Wucht rollen die Wellen an den Strand und die Gischt spritzt auf. Wer jetzt noch draußen auf dem Wasser ist, wird mächtig durchgeschüttelt. Ein kleines Boot hat die Segel geborgen und das Sturmsegel gehisst und wird mächtig von Odin durchgeschüttelt. Das Boot tanzt auf den Wellen – mal ist der Bug im Wasser und mal der Kiel. Die Besatzung hält sich krampfhaft an der Reling fest und ist ganz fahl im Gesicht. Hoffentlich geht keiner über Bord! Darüber kann Odin nur lachen! Ihm macht es Spaß, das kleine Boot durch die Wellen schlingern zu lassen und die Menschen durchzuschütteln.

Jetzt ist der Sturm nicht mehr nur auf der hohen See. Die Wellen rollen bis an den Strand und schlagen gegen die Kaimauer. Der Sand wirbelt durch die Luft und die Flut lässt das Wasser steigen. Schottwände werden hochgezogen, damit es nicht Land-unter heißt. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird schnell in die Häuser geräumt. Denn Odin spielt gerne mit den kleinen Dingen und pustet sie durch die Luft, so dass sie auf einmal ganz woanders landen. Das kann eine Mülltonne sein, die umkippt, ihren Inhalt verteilt und die Straße hinunterrollt. Oder ein Hut, der plötzlich vom Kopf gerissen wird, und durch die Luft tanzt. Regenschirme werden kurzerhand umgebogen und sind zu nichts mehr nütze. Die hübsche Geranie im Blumenkübel landet auf den Asphalt.

Jetzt, im November, treibt es Odin besonders bunt: Die Bäume werden geschüttelt, so dass die Blätter durch die Luft wirbeln und die Zweige brechen. Manchmal gibt sogar ein Baum um. Den Kindern werden die Drachen aus den Händen gerissen und der Hausfrau die Wäsche von der Leine gezerrt. Wenn es Odin besonders toll treibt, dann schiebt er auch noch Regen vor sich her, der die Menschen von den Straßen vertreibt und in ihre warmen Stuben jagt. Wehe dem, der sich bei solchem Schietwetter nach draußen wagt.
Und dann ist der November vorbei, die Bäume sind leergefegt und Odin weicht Väterchen Frost.

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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Eine Antwort

  1. Monika Möhring sagt:

    Eine Geschichte die dem Vorleser die Möglichkeit gibt,
    Gestaltung und Bewegung in dieser Geschichte,
    zu interpretieren.

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