“Altweibersommer” – Unsere Charaktergeschichte für den September

Der Altweibersommer im Herbst verzaubert mit den buntgefärbten Laubbäumen und den zauberhaften, zarten Spinnenfäden die Natur und bietet eine reiche Ernte an Beeren, Obst und Nüssen. Diese Charaktermonatsgeschichte “Altweibersommer” für den September lädt zum Vorlesen, Erinnern und zu Gesprächen ein.

Altweibersommer

Thekla schubste die dicke Daunendecke zur Seite und setzte sich mühsam auf die Bettkante. Sie rieb sich die Augen, reckte und streckte sich, schlüpfte in ihre Filzschlappen und stand auf. Wie wohl das Wetter war? Thekla öffnete die Vorhänge und die Fenster und atmete die kühle, frische Herbstluft ein. Nebel hing in den Wäldern, doch die Sonne wärmte noch einmal die Erde und vertrieb die Nässe und Kühle der Nacht. Thekla schlurfte in die Küche, bereitete sich einen Muckefuck und ein Müsli mit Äpfeln und Nüssen zu. Die Äpfel hatte sie gestern von der Wiese aufgelesen und die Nüsse waren die ersten, die am Walnussbaum reif waren.



Nach dem Frühstück zog sich Thekla ihre alte grüne Strickjacke und die Holzpantinen an, band sie das Kopftuch um und ging in den Garten. Zarte Spinnenfäden flogen über die Wiese und blieben in den Sträuchern und Blumenbeeten hängen. Perlen aus Tau hatten sich auf ihnen gebildet, die nun in den hellen Sonnenstrahlen glitzerten. Das sah wunderschön aus! Thekla staunte immer wieder, welche Wunder die Natur entstehen ließ. Nachdem sie eine Weile die warme Herbstsonne genossen hatte, sammelte sie mühsam die Zwetschgen auf, die der Wind letzte Nacht vom Baum geschüttelt hatte. Es waren so viele, dass Thekla später einen schönen Zwetschgenkuchen daraus backen könnte. Doch sie wollte auch noch Holunderbeerengelee kochen. Also brachte sie die Zwetschgen ins Haus, nahm den ollen Flechtkorb und eine Schere und ging zum nahen Wald.

Hier waren noch viel mehr von den zarten Spinnenfäden. Der Wald sah wie verzaubert aus. Die Blätter der Laubbäume färbten sich bunt. Weithin leuchteten Ahorn, Buche und Eiche in roten, gelben und goldenen Farben. Thekla schnitt die reifen Holunderbeeren ab und legte sie vorsichtig in ihren Korb. Sie beobachtete ein Eichhörnchen, dass emsig Nüsse sammelte. Auch Thekla sammelte ein paar Haselnüsse und Bucheckern auf. Sie mochte auch die Kastanien, die so schön braun, rund und glatt in ihrer Igelhaut steckten. Sie sammelte einige Kastanien für die Enkelkinder, die daraus kleine lustige Tiere bastelten.

Am Nachmittag kochte Thekla Gelee aus den Holunderbeeren und backte einen saftigen Zwetschgenkuchen. Mit einem Klecks Sahne schmeckte der einfach nur köstlich.
Früh ging die Septembersonne unter und die kühle Nacht brach ein. Jetzt wurde es schon Zeit, ein Feuer im Ofen anzuzünden. Nachdem es schön knisterte und brannte, setzte sich Thekla endlich in ihren bequemen Sessel, nahm ihre Handarbeit auf und strickte weiter an den Socken für die Enkelkinder. Morgen würde sie Hagebutten und Brombeeren sammeln. Thekla freute sich schon auf die nächsten warmen Tage in diesem schönen Altweibersommer.

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert