Marmelade kochen. Eine Alltagsgeschichte für Senioren
In unserer Geschichte für Senioren erinnern wir uns, wie das früher mit dem Marmelade kochen war und wie gut selbstgemachte Marmelade schmeckt.
Marmelade kochen
Selbstgemachte Marmelade schmeckt doch immer noch am besten. Wenn man im tiefsten Winter ein Glas Erdbeermarmelade öffnet und sich die herrliche, duftende, rote Konfitüre – am besten noch mit ganzen Erdbeeren – auf ein frisches Brötchen schmiert und dann genüsslich hineinbeißt, schmeckt man den Sommer und erinnert sich an sonnige Tage, lange Abende im Garten und Ruhestunden im Liegestuhl.
Und dann fällt einem ein, wie mühselig das Marmelade kochen doch war.
Um überhaupt Erdbeeren ernten zu können, mussten sie ja erstmal gepflanzt werden. Die Erde musste umgegraben und vorbereitet werden. Die Reihen abgesteckt und die jungen Pflänzchen gesetzt werden. Die Pflänzchen musste man natürlich erst kaufen oder – wenn man Glück hatte – konnte man die Triebe von den alten Pflanzen nutzen oder man bekam geschenkt. Wichtig war natürlich auch, welche Sorte man anbauen wollte. Meine Mutter schwor auf Senga Sengana und ich muss sagen, die schmeckten wirklich gut. Viel besser als die wässrigen Dinger aus dem Supermarkt.
Waren die Pflanzen in der Erde, mussten sie gehegt und gepflegt werden. Gab es zu viel Regen, gab es auch viele Schnecken, die leider auch Erdbeeren lieben. Und auch das Bier in der Schüssel am Beetrand half nicht wirklich gegen die Schneckenplage. War das Wetter zu trocken, musste man gießen. Tagsüber wurden die gefüllten Gießkannen und Eimer in die Sonne gestellt und abends lief man mit den schweren Kannen hin und her und goss. Aber die Mühe lohnte sich doch immer.
Im Juni und Juli waren die Erdbeeren reif und da in der Zeit auch Sommerferien waren, mussten wir Kinder die roten Früchte pflücken. Meistens sogar zweimal am Tag – morgens und abends. Gebückt lief man die Reihen ab und steckte mindestens jede dritte Erdbeere in den Mund statt in den Korb.
Ja, und dann ging das Marmeladekochen los. Meistens machte das meine Mutter abends, wenn es nicht mehr ganz so heiß war. Dabei stand das Küchenfenster immer weit offen. Die Marmeladengläser mussten ordentlich gespült und die Erdbeeren gewaschen und geputzt werden. Im Juni mischte meine Mutter auch Rharbarber zu den Erdbeeren, das gab einen frischen Geschmack. Aus dem Keller wurde der große Topf fürs Einkochen geholt, der den Sommer über im ständigen Einsatz war und erst im Herbst wieder in den Keller wanderte, und aus dem Vorrat der Gelierzucker. Meine Mutter kaufte immer Berge von Gelierzucker, denn sie hatte Angst, dass er mal ausverkauft sein könnte, wenn sie ihn brauchte. Zu gleichen Teilen wurden die Früchte mit dem Zucker gekocht. Dabei musste man immer gut rühren und aufpassen, dass nichts anbrannte. War alles gut miteinander verkocht, wurde die Marmelade in die Gläser gefüllt. Bevor meine Mutter die Gläser verschloss, legte sie immer noch Cellophan oben drauf. Das macht man heute ja nicht mehr, da werden einfach die Gläser umgedreht.
Zum Schluss wurden Etiketten mit Datum und Inhalt beschriftet und auf die Gläser geklebt. Und natürlich musste der große Topf für seinen nächsten Einsatz wieder ausgespült und die Küche sauber gemacht werden. Das war schweißtreibende Arbeit.
Es war ja nicht nur die Erdbeermarmelade, die gekocht wurde. Im Juli und August kamen die Johannisbeeren und Stachelbeeren dran und auch die Kirschen wurden eingelegt. Im Herbst folgten die Zwetschgen, Äpfel und Birnen.
Das alles fällt einem ein, wenn man sein süßes, rotes, herrliches Marmeladenbrötchen isst, während draußen der kalte Wind heult und die Schneeflocken gegen die Fensterscheiben treibt. Und dann weiß man, dass die Mühsal sich gelohnt hat und das Brötchen schmeckt noch besser.