Wiedersehen in Cherbourg. Eine Hoffnungsgeschichte für Senioren

Zu unserer Themenwoche “Frankreich” eine Hoffnungsgeschichte für Senioren aus Kriegszeiten

Wiedersehen in Cherbourg

Kurz vor Kriegsende 1945 im Februar wurden sogar Kinder eingezogen. So musste Peter, der gerade erst 16 Jahre alt war, die Schule verlassen und zum Trainingslager. Innerhalb weniger Tage wurde ihm das Schießen und alles andere beigebracht, was man als Soldat wissen muss. Er musste sich von seiner Mutter verabschieden. Der Vater war schon seit Jahren an der Front und sein älterer Bruder Paul wurde als Flakhelfer eingesetzt. Von beiden hatten Peter und seine Mutter lange nichts gehört. Jetzt musste die Mutter auch noch den zweiten Sohn in den Krieg ziehen lassen, obwohl man doch schon ahnte, dass der Krieg verloren war. Die Mutter war sehr verzweifelt.

Doch Peter musste gar nicht kämpfen. Zum Glück. Er wurde mit den anderen Schülern aus seinem Jahrgang mit dem Zug zur Westfront gebracht. Doch diese befand sich bereits in Auflösung. Die Jungen wurden von den Alliierten gefangengenommen und mit dem Zug in das amerikanische Kriegsgefangenenlager nach Cherbourg gebracht. Dort ging es den Jugendlichen relativ gut. Sie bekamen genug zu essen – Unmengen an Aprikosen – konnten sich waschen – sie hatten aber trotzdem Läuse – und hatten eine Unterkunft zum Schlafen. Sie brauchten auch nicht wie andere Kriegsgefangene beim Minensuchdienst mitmachen. Bei den Amerikanern bekamen sie Unterricht – sogar im Zeichnen.

Trotzdem war Peter verzweifelt. Was war mit seiner Familie? Wie ging es dem Vater an der Front? Musste er immer noch kämpfen? Was machte der große Bruder? War Paul vielleicht auch in Gefangenschaft? Und wie ging es der Mutter? Sie war alleine zu Hause und wusste nichts von ihren Männern. Gab es das zu Hause überhaupt noch?

Es kamen immer neue Gefangene ins Lager, so auch an diesem Morgen. Sie mussten sich in Reih und Glied aufstellen und wurden durchgecheckt. Peter kam vom Zeichenunterricht und war auf dem Weg zur Baracke als er ihn entdeckte.
„Paul! Hallo Paul! Du lebst! Du bist hier!“, Peter rannte zu seinem staunenden Bruder hinüber. „Hey guys! Keep apart!“ der amerikanische Soldat trennte die Brüder, die sich schluchzend in den Armen lagen. „Are you brothers? That´s nice.“

Peter und Paul waren sehr glücklich, dass sie einander gefunden hatten. Der Krieg war vorbei und die beiden hofften, bald nach Hause zu können. Nach einigen Wochen in Kriegsgefangenschaft wurden sie mit dem Zug Richtung Heimat gebracht.
Im September standen sie vor der Tür ihres Hauses, das noch stand in all den Trümmern, und klopften. Die Mutter öffnete und brach in Tränen aus als sie ihre Jungs sah. Gleichzeitig lachte sie und nahm ihre Kinder in den Arm. „Was ist mit Papa?“, fragte Peter. „Geht mal in den Garten. Euer Vater pflückt Pflaumen Da könnt ihr direkt mithelfen.“ Die Familie feierte an diesem Abend und noch an vielen anderen Abenden, dass sie den Krieg überlebt und ihr zu Hause behalten hatten.

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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2 Antworten

  1. Arlette Hoffmann sagt:

    Eine solche Friede-Freude-Eierkuchengeschichte würde ich unseren Bewohnern im Leben nicht vorlesen. Was sollen denn Menschen die den einen oder anderen Liebsten im Krieg verloren haben oder deren Heim zerstört wurde, davon halten. Haus steht, Mama, Papa und Kinder wieder vereint und Pflaumen wachsen auch im Garten…… Das Thema Krieg mit den damit verbundenen Traumata würde ich so nie angehen. Erinnerungsstunden und Gesprächskreise scheinen mir da besser geeignet. Eigene Erfahrungen unserer Senioren in dem Maß ,in dem sie bereit sind darüber zu sprechen, zum Thema zu machen,scheint mir der bessere Weg. Lg Arlette

    • Natali sagt:

      Liebe Arlette,
      genau das ist wichtig: Das jeder selbst entscheidet, welche Geschichten für die eigene Zielgruppe geeignet sind und welche nicht. Das jeder verantwortungsbewusst damit umgeht das Gefühle, die immer hervorgerufen werden können, auch begleitet werden.
      Herzliche Grüße aus Dortmund
      Natali Mallek

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