3. Im Herbstwald. Der Waldkauz ruft

Wenn der Waldkauz ruft, kann es einem schon gruseln. Man kommt sich vor, wie in einem Edgar-Wallace-Krimi. Lesen Sie heute die dritte kostenlose Geschichte der Herbstwaldgeschichten für Senioren.

Der Waldkauz ruft

„Huhuuu“, „Huhuuu“, erschallte es in der Abenddämmerung. „Kuwitt“ kam die Antwort.
„Oh, Hans, hast du das gehört?“, Grete fasste Hans fester unter den Arm. „Ja, das ist der Waldkauz. Er ruft nach einem Weibchen. Und es hat ja auch prompt geantwortet.“, Hans ging ruhig weiter. Die beiden Eheleute waren noch spät abends im Wald unterwegs. Sie waren auf einer Geburtstagsfeier eingeladen, bei der es sehr lustig zuging.

„Huhuuu“ machte es wieder.
„Das hört sich aber richtig gruselig an.“, Grete schauerte. „Das mag sein. Vielleicht hast du aber auch nur zu viele Krimis geguckt.“, Hans lachte. „Aber der Waldkauz ist ja auch als Todesvogel verschrien. Früher hieß es, ruft das Käuzchen, stirbt jemand in der Nachbarschaft.“ „Ja, aber das kam doch wohl daher, dass bei einem Kranken ein Licht nachts in der Kammer brannte und das Käuzchen vom Licht angezogen wurde. Es hockte sich dann vor das Fenster und rief.“, erwiderte Grete.
„Eulen gelten doch als Begleiter von Hexen. Wenn man abergläubisch ist.“, fügte Hans noch hinzu. „Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Hexen eigentlich weise und heilkundige Frauen waren und die Eule auch als weise gilt.“ Grete wurde von den Dorfbewohnern gerne als Kräuterhexe bezeichnet, weil sie sich gut mit den heimischen Heilpflanzen auskannte. Jetzt musste sie natürlich ihren Stand verteidigen.

„Ja, in der Antike wurden Eulen als weise Vögel verehrt. Besonders im alten Griechenland war das so.“, überlegte Hans. „Und in der Mythologie der Indianer gilt die Eule auch als Kraft- und Totemtier.“, fiel Grete ein.
„Huhuuuu, „Huhuuuu“, erscholl es wieder, als Hans und Grete gerade zu Hause angekommen waren. Grete gruselte es jetzt gar nicht mehr. Sie dachte daran, dass der Waldkauz doch wirklich ein hübscher und harmloser Vogel war. Mit seinem braunen oder grauen Gefieder, dass wie Baumrinde aussah, seinem runden Kopf, den er in allen Richtungen drehen konnte und den großen, braunen Augen war er ein schöner Vogel. Schade, dass man ihn meistens nicht sah, weil er ja immer nur nachts unterwegs war, überlegte Grete.

Gerade als sie dies dachte, spürte Grete einen Luftzug über ihren Kopf. Sie drehte sich rasch um und sah den Waldkauz mit ausgebreiteten Flügeln und lautlos zur großen Tanne fliegen. Hans hatte ihn auch bemerkt. „Oh, wie schön“, flüsterte Grete und drückte Hans Arm. Eine Weile beobachteten sie noch den Kauz, der sich oben im Baum niedergelassen hatte. Dann wurde es zu dunkel. „Komm, lass uns reingehen.“ Beide gingen ins Haus und als sie die Tür schlossen, hörten sie wieder „Huhuuu“ und kurz darauf „Kuwitt“.

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Diese Herbstwaldgeschichten sind bisher erschienen:

1. Kapitel: Herbstanfang
2. Kapitel: Die Mäuschen

Monika

© by Monika Kaiser. Buchhändlerin, Betreuungskraft, Autorin bei Mal-alt-werden.de

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