10 gute Gründe KEIN Alltagsbegleiter für Menschen mit Demenz zu werden

Wir haben uns auf Mal-alt-werden.de schon mit den positiven Seiten des Berufsbild “Alltagsbegleiter” auseinandergesetzt. Doch jeder, der Einrichtungen der Altenhilfe von innen kennt, weiß: Es ist nicht alles Gold was glänzt. Wer sich überlegt Alltagsbegleiter für Menschen mit und ohne Demenz zu werden, der sollte sich auch mit den nicht glänzenden Aspekten auseinandersetzen. Wenn Sie also nach dem Lesen dieser “10 guten Gründe KEIN Alltagsbegleiter für Menschen mit Demenz zu werden” IMMER NOCH Lust habe sich als Alltagsbegleiter zu qualifizieren: Tun Sie das. Die positiven Seiten gibt es auch 😉 .

  1. Undankbarkeit. Zu Ausbildungsbeginn haben viele Alltagsbegleiter für Menschen mit und ohne Demenz die Illusion, dass die Menschen nur auf ihre Ankunft warten. In der Realität sieht das oft anders aus. Viele Alltagsbegleiter kennen es, wenn ihre Angebote mit harschen Worten abgelehnt werden.
  2. Wenig Gehalt. Wer reich werden will, sollte sich mit anderen Berufsbildern als dem des Alltagsbegleiters auseinandersetzen. Viele Alltagsbegleiter verdienen bei einer 40-Stunden-Woche nicht mehr als 1600€.
  3. Fast nur Teilzeitstellen. Wem das Bruttogehalt insgesamt schon wenig vorkommt, der sollte außerdem bedenken, dass viele Einrichtungen die Stellen von Alltagsbegleitern nur in Teilzeit besetzen. Das Gehalt reduziert sich natürlich dementsprechend.
  4. Schlechte Kooperation. Die “Schnittstellenarbeit” ist in vielen Einrichtungen der Altenhilfe problematisch. Durch die Trennung der Aufgabenbereiche von Pflege- und Betreuung entstehen nicht selten Konflikte. In einem Bereich, in dem man auf eine enge Zusammenarbeit angewiesen ist, kann das schnell zu Konflikten führen.
  5. Am Ende der “Nahrungskette”. Sozialdienstmitarbeiter, Wohnbereichsleitungen,  Pflegefachkräfte, in manchen Einrichtungen ist es leider so das fast alle (außer dem Hausmeister 😉 ) weisungsbefugt sind, wenn es um die Arbeit der Alltagsbegleiter geht. Und man weiß ja: Viele Köche verderben den Brei.
  6. Wenig Wertschätzung. “Den ganzen Tag nur spielen” oder “Das ist doch Ringelpitz mit Anfassen”: Solche Kommentare hören Alltagsbegleiter leider manchmal über die eigene Arbeit. Wie viel Mühe, Anstrengung und Vorbereitung in den Angeboten steckt, wird von Kollegen und Außenstehenden oft verkannt.
  7. Geringe Ausbildung. Bewegung, Kreatives, Hauswirtschaftliches, Kommunikation mit Menschen mit Demenz: Alltagsbegleiter sollen das alles Können. Nach einer SEHR kurzen Qualifizierungszeit. Kein Wunder, dass das manchmal zu Überforderung führt.
  8. Zeitliche  Flexibilität. Besonders Alltagsbegleiter für Menschen mit und ohne Demenz, die in Altenheimen arbeiten, müssen zeitlich flexibel sein: Der Männerstammtisch am Donnerstagabend. Das Tanzcafé am Samstagnachmittag. Die Gottesdienstbegleitung am Sonntagmorgen. Die Gestaltung von Oster- und Weihnachtsfesten. Das alles sind Termine die von Alltagsbegleitern gestaltet werden.
  9. Zukunftsunsicherheit. Der Bereich Altenpflege ist einem ständigen Wandel unterworfen. Vieles wird immer wieder verschlimmbessert. Wie wird sich der Beruf des Alltagsbegleiters da in Zukunft eingliedern?
  10. Dokumentationslast. Mehr Zeit mit dem Schreibkram zu verbringen als mit den Menschen mit Demenz: Dieses Gefühl kennen Alltagsbegleiter. Entbürokratisierung ist in vielen Einrichtungen ein Fremdwort.

Natali

© by Natali Mallek. Dipl. Sozialpädagogin/ Sozialarbeiterin, Gedächtnistraininerin, Master of Arts "Alternde Gesellschaften", Gründerin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Natali Mallek finden Sie hier. Fortbildungen mit Natali Mallek finden Sie hier.

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8 Antworten

  1. alze sagt:

    Man muss die Kirche mal im Dorf lassen! Ich arbeite seit 4 Jahren in einem großen Alten-und Pflegeheim als Alltagsbetreuer für demenzkranke Personen. Mir macht die Arbeit viel Freude, sie braucht aber auch eine Portion Selbstbewußtsein, was das Ansehen von außen angeht. Wenn ich über meine Tätigkeit spreche, sage ich: Ich mache Beschäftigungstherapie für alte und kranke Menschen.
    Bei uns im Haus ist unser Arbeitsbereich ganz klar abgegrenzt (kein Handlangertätigkeiten, keine pflegerischen Arbeiten, keine Putzarbeiten). Natürlich verdient man nicht sonderlich, aber wenn man Freude mit alten Menschen oder behinderten Menschen hat, kann man eine erfüllte Arbeit leisten. Es kommt so viel von den betreuten Personen herüber und ich gehe sehr oft “beschenkt” nach Hause. Natürlich ist nicht jeder Tag so leicht, aber wer kann das in der heutigen Zeit schon über seine Arbeit sagen. “Liebe und Nähe sind der Schlüssel zu den zu betreuenden Menschen.
    Die Zusammenarbeit mit den übrigen Mitarbeitern im Haus klappt gut, man muss halt miteinander reden!Jährlich haben wir eine zweitägige Fortbildung – der Situation unseres Einsatzbereiches angepasst.
    Ich würde mich jederzeit wieder für diese Ausbildung entscheiden, und wenn ich in drei Jahren altershalber aufhören muss, fehlt mir wirklich etwas: Nämlich ein wenig Licht in die Welt der demenzkranken Mitmenschen zu bringen

  2. Monja sagt:

    Die Realität ist so, dass es oft wirklich immer wieder Konflikte mit der Pflege oder der Hauswirtschaft gibt.

    Das Heim von “atze” ist wohl ein Glücksfall!!!

  3. Dompfaff sagt:

    Ich bin seit fast sieben Jahren als Betreuungskraft tätig,habe in verschiedenen Einrichtungen gearbeitet,mittlerweile bin ich auch in einem “Glücksfall-Heim” mit klaren Kompetenzen und wenigen Reibungspunkten was die Pflegekräfte anbetrifft.
    Dennoch überlege ich seit einiger Zeit den Beruf aufzugeben,da wir es immer öfter mit vielschichtigen und problematischen psychatrischen Krankheitsbildern außer der eigentlichen Demenz zu tun haben.Das bringt mich,trotz aller Bemühungen und Fortbildungen,oft an meine Grenzen.
    Die Menschen werden quasi mit dem Vermerk “Austherapiert” bei uns untergebracht und wehe sie schmeißen dann mal ihre Medis in einem unbeobachteten Moment ins Klo!!!!!!
    Wisst ihr was ich meine?

  4. viobruch sagt:

    Im häuslichen Pflegedienst kenne ich zum Glück keine Hierarchie-Probleme. Ärgerlich finde ich, dass die Vorbereitungszeit unterschätzt wird. Für unsere neue Tagesgruppe mache ich Themenstunden in Anlehnung an das Gedächtnistraining und brauche oft 2 Stunden und mehr. Aber selbst 1 Stunde Vorbereitung ist unserer Chefin zu viel.

  5. Karin Thelen sagt:

    Alze; 2015 hast Du wirklich im Paradies gearbeitet:-) P.S.: Bist Du aktuell noch dort tätig?

    Liebes Mal-alt-werden-Team: Ich liebe und schätze Eure Seite nicht nur; sie ist mir auch ein ganz wichtiges Element in der Ausführung meiner Betreuungsarbeit; allerallerherzlichsten Dank an das gesamte Team!!!!. Die Vorbereitungszeiten, Eure tollen Angebote auszusuchen und für die entsprechenden Betreuungsangebote vorzubereiten, stecke ich stets ganz privat ein. Ihr solltet eigentlich auf der Lohnliste (nicht nur) meines Arbeitgebers stehen! Ohne Arroganz darf und muss ich sagen, dass wir BetreuerInnen unsagbare Arbeit leisten. Und es ist klasse, dass Ihr uns endlich auch einmal ein Gesicht gebt neben all den wirklich tollen Anregungen!
    Die Pflege jammert lautstark; gewiss nicht zu unrecht. Aber durch unsere psychologische und bei entsprechender Ausführung auch psychisch sehr wertvolle Arbeit entlasten wir die Pflege enorm; halten die uns anvertrauten Menschen mit und ohne Demenz geistig und körperlich auf einem bestmöglich aktiven Niveau. Geringe und kurze Ausbildung, ja. Es gibt überhaupt keine vergleichbare Ausbildung in unserer Gesellschaft, die so vielseitig ist und so sehr ignoriert, so schlecht bezahlt und in keinster Weise zur Kenntnis genommen wird. Nach kurzer “Schulung” heißt es, volle Kanne Psychologie, Körpertraining, Gedächtnistraining, aktive, jahreszeitlich angemessene Beschäftigung, Hauswirtschaft, Sterbebegleitung, Angehörigenbetreuung und und und anzuwenden; Fortbildung an den wenig freien Tagen; den uns anvertrauten Menschen Routine geben ist auch klar. BetreuerInnen haben privat wenig Zeit für eigene Weihnachten, keine Osten, keine Feiertage, keine sozialen Regelmäßigkeiten. Glücklich ist, wer seinen Lebenspartner halten kann. Wir sind unsere eigene, in absehbarer Zeit zu betreuende Klientel…

    Ich selber sage dies den Angehörigen stets und immer; komme auch gut mit der Kritik meiner PDL dahingehend klar! Versuche auch bestmöglich, selber Supervision zu betreiben:-)
    Die Begegnung mit den alten Menschen ist erfüllender Lohn ohne Ende; stimmt; ideell gesehen. Aber auch ich muss Rente zahlen und leben dürfen; unsere materiell überreiche Gesellschaft muss auch mir und meinesgleichen zugestehen, dass unsere Arbeit mit der Mutter, dem Vater, der hilfebedürftigen Tochter anzuerkennen und sehr wertvoll ist – und bezahlt sein will.

  6. Spitzmaus sagt:

    Hallo zusammen , ich arbeite auch in einem Altenpflegeheim und was wir alles machen müssen
    Ich sage euch als erste ich komme um 07.00.Uhr bis 08.00.Uhr müss ich der Kaffee für zwei Hausgemeinschaften kochen / laufen über 3 elektrische Türe/ ,
    5 Heimbewohner pflegen mit intim Bereich .
    Für die Menschen habe ich keine Zeit was zu machen oder unternehmen Pause ,Müll raus bringen, Vorbereitung für das Mittagessen und kochen.
    Und das ist noch nicht alles…..

  7. Charly sagt:

    Hallo zusammen,
    ich arbeite seit fast einem Jahr in einer Wohn-WG als Alltagsbegleiterin. Jedoch sind unsere Arbeiten Frühstück richten und Zimmer in Ordnung bringen, Toilettengänge mit den Bewohnern, Mittagessen kochen und Tisch decken, spülen, Wäsche waschen, Aufenthaltsräume putzen, Kuchen backen, Kaffee richten, aufräumen, Abendessen vorbereiten. Wir finden wenig bis gar keine Zeit uns mit unseren Bewohnern, fit bis dement, zu beschäftigen. Vorbereiten müssten wir uns zu Hause. Gibt es eine Lösung dafür? Wir wären gerne mehr für unsere Senioren da.

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