Lust auf Trommeln

Im Gespräch mit Ricarda Raabe

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Foto: Ricarda Raabe, Lust auf Trommeln
 

Hallo Frau Raabe, stellen Sie sich doch bitte kurz vor.

Mein Name ist Ricarda Raabe. Nach der Ausbildung zur Altenpflegerin mit gerontopsychiatrischer Zusatzqualifikation habe ich in Berlin Sozialarbeit und Sozialpädagogik studiert. Während des Studiums interessierte mich besonders der Einsatz von kreativen Medien in der Altenarbeit – Theater, Musik und Schreiben.
Seit vielen Jahren bin ich mit einer halben Stelle in unterschiedlichen Bereichen der Sozialarbeit beschäftigt und auf der anderen Seite als freiberufliche Percussionisten, Drum Circle Moderatorin und Dozentin tätig. Diese Mischung ist ein Weg auf dem ich mich sehr wohl fühle und es freut mich, die Trommel und die unterschiedlichen Einsätze dieses Instruments in die Einrichtungen zu bringen.



 

 

Wie und wann haben Sie Ihre Leidenschaft für’s Trommeln entdeckt?

Schon früh als Kind, so erzählt man mir heute, holte ich die Töpfe und Pfannen aus der Küche und gab meine ersten rhythmischen Einlagen zum Besten. Auf einem Dorf in den 70ern im Südwesten der Republik war es allerdings nicht üblich, dass Mädchen Schlagwerk spielen lernten. So kam der Umweg über Blockflöte und klassische Gitarre zur Percussion. Anfang der 90er bekam ich meinen ersten Unterricht an der Djembe und der Conga. Seither lässt mich die Faszination dieser Percussionsinstrumente, der unterschiedlicher Rhythmen nicht mehr los und ich bin bis heute von der Vielseitigkeit beeindruckt und tief begeistert und teile sehr gerne diese Faszination. Da es für alle erlebbar, erlernbar und erfahrbar ist.
Dankbar bis heute bin ich der Begegnung mit Arthur Hull, dem Vater der Drum Circle Methode. Ich ließ mich darin zertifizieren, sammelte nationale und internationale Erfahrung im Moderieren von Drum Circles für unterschiedliche Zielgruppen und Gruppengrößen für bis zu 250 Menschen.

 

 

Welche Wirkung haben Klang und Rhythmus auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden?

Wissenschaftliche Studien der TU Chemnitz haben belegt, dass Rhythmus und Trommeln unser subjektives Wohlbefinden steigert. Gerade das Erleben in der Gruppe macht Spaß und bringt Freude. Auch bei Depression und Burnout ist Trommeln eine hervorragende Therapie.

 

 

Welche Wirkung hat das Trommeln auf Menschen, die an Demenz erkrankt sind?

Trommeln oder auch der Einsatz von Kleinpercussion (Rasseln, Schellenkränze etc.) oder auch Klatschen steigert das Rhythmusgefühl und trainiert die geistige sowie körperliche Koordinierung von musikalischen Abläufen und zusätzlich wird ein seelischer Ausgleich erreicht. Trommeln animiert und lädt ein zum spontanen singen und auch tanzen. Das erleben wir immer wieder in unseren Drum Circlen für Menschen mit und ohne Demenz.

 

 

Was können wir uns unter einem Drum Circle vorstellen?

Ein Drum Circle findet in einem Raum statt oder auch im freien oder auf der Bühne. Stühle und unterschiedliche Trommeln stehen bereit und laden ein. Der Drum Circle
Moderator oder Moderatorin steht in der Mitte und orchestriert diesen Drum Circle von der Mitte aus. Durch die klare Körpersprache, die einladende Haltung, Mimik und
Gestik bestärkt er jeden Trommler mit zu machen. Es entsteht „music in the moment“. Ein wunderbares Erlebnis.
Besonders sind auch gemeinsame Präsentationen mit dem Publikum. Hier werden Instrumente im Publikum verteilt und es entsteht ein großer Drum Circle mit allen Beteiligten, egal welchen Alters, inklusiv und impulsiv.

 

 

Sie geben am 11. und 12. Juli bei uns in Dortmund die Fortbildung „Lust auf Trommeln, Einführung in die Drum-Circle Methode“.
Auf was dürfen sich die Teilnehmer mit Ihnen freuen?

Wir werden auf jeden Fall selber ganz viel Trommeln und unser Rhythmusgefühl stärken und erweitern. Wir werden die unterschiedlichen Instrumente und deren Spielweise kennenlernen und erfahren, wie wir diese in einem Drum Circle einsetzen. Auch werden wir Moderationsformen kennenlernen und gemeinsam ausprobieren.
Und erleben, wie ein Drum Circle funktioniert und welche Rolle die Moderatoren zum Gelingen haben. Wichtig ist mir, dass wir uns frei machen von vorgefertigten Rhythmen, sondern mit dem „Material“ arbeiten, welches uns die Teilnehmenden geben. Eine Herausforderung aber auch eine wunderbare Bereicherung mit Ruhe und offenem Ohr und Herzen zu hören, welche Rhythmen jeder von uns in sich trägt.
Das ist die Basis eines tollen Drum Circles.
Der Spaß wird auf keinen Fall zu kurz kommen, denn Trommeln in der Gemeinschaft macht Spaß und diese Methode kennen zu lernen und in der eigenen Praxis für ältere Menschen mit und ohne Demenz umzusetzen, bereichert die alltägliche Arbeit. Des Weiteren werde ich das Berliner Projekt vorstellen, Fördermöglichkeiten darstellen, die Wahl des Equipments erläutern und Konkretisieren, wie genau eine Drum Circe Einheit aufgebaut und umgesetzt werden kann.

 

 

Können Sie uns vielleicht eine kleine Anekdote oder Geschichte erzählen, die verdeutlicht, was Sie mit dem Trommeln erreichen können?

Wir erleben immer wieder, dass Menschen nach einem Drum Circle aufgeschlossener sind, erzählen, Kontakt zu anderen Gästen und Bewohnern aufnehmen und sich bewegen möchten. Manchmal kommen Teilnehmende mit einer traurigen Mimik und gebückten Körperhaltung in den Drum Circle. Wenn dann jedoch der Blick auf die bunten Trommeln fällt, blitzen die Augen. Sie setzen sich an die selbst ausgewählte Trommel und legen los. Und nicht selten bewegen sich die Teilnehmenden nach dem Drum Circle im Rhythmus aus dem Raum, obwohl schon längst keine Trommeln mehr zu hören sind…innerlich geht der Rhythmus weiter…

Wenn dann Pflege- und Betreuungskräfte diesen Impuls aufnehmen entstehen berührende Augenblicke!

 

Drum Circle Villa Albrecht Gruppenfoto

Foto: Ricarda Raabe, Lust auf Trommeln
 
 

Was wünschen Sie sich von der Zukunft?

Gern möchte ich an dieser Stelle Demo Belli zitieren „ a drum in every household“.
Es würde mich freuen, wenn Trommeln und Rhythmusinstrumente einen festen Platz in allen Einrichtungen der Altenarbeit bekommen würden. Es gibt kaum etwas Schöneres, wenn man beim Sommerfest erlebt, wie 100 oder weit mehr Menschen gemeinsam trommeln….Bewohner_innen mit und ohne Demenz, Hochaltrige, Angehörige, Gäste, Personal der Betreuung und Pflege, Leitung und Hausmeister…alle zusammen…

 

 

Herzlichen Dank, Frau Raabe!!!

Zur Internetseite: www.lust-auf-trommeln.de

Annika

© by Annika Schneider. Staatlich examinierte Ergotherapeutin, Chefredakteurin von Mal-alt-werden.de. Bücher von Annika Schneider finden Sie hier.

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